Herr Hofreiter, was bedeutet Schulpflicht?

Ein chinesisches Forscherteam um Shuai Yuan untersuchte Baumringe in Südost China und rekonstruierte daraus die Entwicklung der März-Meeresoberflächentemperaturen des Südchinesischen Meeres während der letzten 100 Jahre. Einen Langzeittrend fanden die Forscher nicht, jedoch ein langsames Auf- und Abschwellen im Bereich von einigen Jahrzehnten. Die Studie erschien im Dezember 2018 im Fachblatt Marine Micropaleontology.

 

Abbildung: Entwicklung der März-Meeresoberflächentemperaturen des Südchinesischen Meeres während der letzten 100 Jahre. Quelle: Yuan et al. 2018.

 

Weitere Infos: CO2Science

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Im März 2019 führte der Deutschlandfunk ein kurioses Interview mit dem Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter zu den Klimaschulstreiks. Der DLF-Journalist fragt Hofreiter mehrfach, ob denn die Freitagsstreiks nicht gegen die Schulpflicht verstoßen. Hofreiter windet sich aus der Frage heraus, aber der DLF-Mann lässt nicht locker und fragt hartnäckig immer wieder „Herr Hofreiter, was bedeutet Schulpflicht?„. Absolut lesenswert. Hier ein kleiner Auszug:

Heinemann: Was würde sich denn ändern, wenn Samstags fürs Klima demonstriert würde?

Hofreiter: Wahrscheinlich wäre die Aufmerksamkeit etwas geringer, wenn samstags für das Klima diskutiert werden würde.

Heinemann: Warum?

Hofreiter: Weil nämlich die Aufmerksamkeit unter anderem auch deshalb so groß ist, weil die Schüler während ihrer Schulzeit gehen und sagen, wenn ihr so weitermacht, macht es wenig Sinn, dass ich in die Schule gehe, weil nämlich die nächsten 20, 30 Jahre die Ökosysteme in so große Probleme kommen, dass meine Zukunft kaputt geht. Und man merkt ja an der ganzen Debatte, dass viel zu viele, in Verantwortung stehende Politikerinnen und Politiker und andere Menschen in der Gesellschaft offensichtlich die Erkenntnisse der Klimawissenschaft nicht ernst nehmen und sich nicht vorstellen können, dass es tatsächlich darum geht, dass wenn so weiter gehandelt wird deren Zukunft kaputt gemacht wird.

Heinemann: Herr Hofreiter, sollten Jugendliche nur dann die Schule besuchen, wenn sie gerade nichts Besseres zu tun haben?

[…]

Heinemann: Herr Hofreiter, würden Sie denn auch Demonstrationen von Schülerinnen und Schülern während der Schulzeit befürworten, die ganz andere Ziele zum Inhalt hätten, zum Beispiel gegen Zuwanderung oder gegen die Europäische Union?

Hofreiter: Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich das nicht befürworte. Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich der Meinung bin, dass diese Schülerinnen und Schüler in ihrem Anliegen ernst genommen werden müssen und nicht eine Hauptablenkungsdebatte geführt wird, die Sie auch ganz offensiv hier führen.

Heinemann: Sie befürworten die Demonstrationen Fridays for Future nicht? Habe ich das jetzt richtig verstanden?

Hofreiter: Ich befürworte die Demonstrationen.

Heinemann: Ja was denn jetzt?

[…]

Ganzes Interview beim DLF lesen.

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Judith Cury wies in ihrem Blog auf ein bemerkenswertes Paper des MIT-Ozeanographen Carl Wunsch hin. Das Paper erschien bereits 2010 in den Quaternary Science Reviews und scheint eine Art Abrechnung mit einem Teil der paläoklimatologischen Kollegen zu sein. Hier ein Auszug aus der Einleitung des Papers (Fettsetzung durch Judith Cury):

Introduction

From one point of view, scientific communities without adequate data have a distinct advantage: one can construct interesting and exciting stories and rationalizations with little or no risk of observational refutation. Colorful, sometimes charismatic, characters come to dominate the field, constructing their interpretations of a few intriguing, but indefinite observations that appeal to their followers, and which eventually emerge as “textbook truths.”

Consider the following characteristics ascribed to one particular, notoriously data-poor, field (Smolin, 2006), as having:

1. Tremendous self confidence, leading to a sense of entitlement and of belonging to an elite community of experts.

2. An unusually monolithic community, with a strong sense of consensus, whether driven by the evidence or not, and an unusual uniformity of views on open questions. These views seem related to the existence of a hierarchical structure in which the ideas of a few leaders dictate the viewpoint, strategy, and direction of the field.

3. In some cases a sense of identification with the group, akin to identification with a religious faith or political platform.

4. A strong sense of the boundary between the group and other experts.

5. A disregard for and disinterest in the ideas, opinions, and work of experts who are not part of the group, and a preference for talking only with other members of the community.

6. A tendency to interpret evidence optimistically, to believe exaggerated or incorrect statements of results and to disregard the possibility that the theory might be wrong. This is coupled with a tendency to believe results are true because they are ’widely believed,’ even if one has not checked (or even seen) the proof oneself.

7. A lack of appreciation for the extent to which a research program ought to involve risk.

Smolin (2006) was writing about string theory in physics. Nonetheless, observers of the paleoclimate scene might recognize some common characteristics. 

Smolin’s (7) is perhaps the most important in his list. Good scientists seek constantly to test the basic tenets of their field–not work hard to buttress them. Routine science usually adds a trifling piece of support to everyone’s assumptions. Exciting, novel, important, science examines the basic underpinnings of those assumptions and either reports no conflict or, the contrary–that maybe it isn’t true. Imagine Darwin working hard to fit all of his observational data into the framework of Genesis (today we laugh at the so-called intelligent design community for doing just that).

Kurz darauf wurde Wunsch pensioniert. Ist es Zufall, dass meist nur Pensionäre Kritik an den Klimawissenschaften üben? Was passiert mit Dissidenten im aktiven Dienst?

 

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