Warum fürchten sich so viele Forscher vor den solarsynchronen Millenniumszyklen?

Von Sebastian Lüning

Im Netz findet derzeit eine neue Episode der Klimadiskussion statt, ausgelöst durch einen kürzlichen Zeit-Online-Artikel von Toralf Staud (siehe unser Blogartikel „Kritik an der kalten Sonne auf Zeit Online: Was ist dran an den Vorwürfen?„). Die Antwort erschien zudem auf EIKE, wo sich im Zuge der Kommentierung auch Toralf Staud zu Wort meldete. Im Folgenden gehe ich abschließend auf einige interessante zusätzliche Punkte der Diskussion ein (der Kommentar ist auch im EIKE-Thread erschienen):

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Sehr geehrter Herr Staud,

Ich freue mich wirklich sehr, dass Sie sich so intensiv mit unserer Arbeit beschäftigen. Diskussion ist ein wichtiger Bestandteil der Klimawissenschaften. Leider habe ich den Eindruck, dass Ihr Beitrag, diese Diskussion nicht richtig voranbringt. Anstatt sich mit richtig interessanten Problemen zu beschäftigen, stellen Sie abenteuerliche Verschwörungstheorien auf. Sie müssen davon ausgehen, dass mir die wissenschaftliche Arbeitsweise gut bekannt ist. In den letzten 15 Jahren habe ich mehr als 30 Fachartikel in internationalen geowissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht und bin noch immer als Reviewer bei etlichen dieser Zeitschriften tätig. Zudem habe ich in den letzten Jahren sehr viel Literatur zum Thema Klimawandel gelesen und ausgewertet, vermutlich mehr als Sie.

Ich denke, Sie verfolgen da eine ganz falsche Spur. Die Frage sollte doch vielmehr lauten: Warum möchten so wenige Wissenschaftler über das Thema solarsynchroner Klimazyklen arbeiten bzw. hiermit in Verbindung gebracht werden?

Wenn eine Arbeitsgruppe die holozäne Klimaentwicklung eines bestimmten Gebietes untersucht und dabei Schwankungen/Fluktuationen/Zyklen entdeckt, bietet es sich einfach an, den Verlauf mit der Entwicklung anderer Gebiete zu vergleichen. Oft wird hierbei auch die Nordatlantik-Studie von Bond et al. (2001) herangezogen. Das besondere an dieser Studie ist, dass die Autoren klar zeigen konnten, dass sich das Klima synchron zur Sonnenaktivität zyklisch änderte. Warum sich Co-Autor Beer daran nicht mehr erinnern kann, bleibt sein persönliches Geheimnis.

Nun hat also die besagte Forschergruppe mit den Sauerland-Höhlentropfsteinen ihr Resultat auch mit Bond et al. verglichen und fand große Ähnlichkeiten. Nun sollten Sie sich als Journalist eine wichtige Frage stellen: Warum erwähnen die Autoren von Fohlmeister et al. denn in ihrem Paper nicht, dass weitgehende Synchronität zu Bond et al. (2001) auch Synchronität zur Sonnenaktivität bedeutet? Woher die Scheu, diesen offensichtlichen Zusammenhang explizit zu nennen? Und in weiterer logischer Fortsetzung: Warum will Manfred Mudelsee weder mit Bond et al. noch mit der Sonnenaktivität etwas zu tun haben? Sie sagen ja selbst, dass Sie die Abbildung 4 in Mudelsee et al. (2012) angeschaut haben. Natürlich sind dort kräftige Schwankungen zu erkennen, die durchaus zyklischen Charakter haben. Vergessen Sie dabei nicht, dass sich hier verschiedene Zyklenlängen überlagern und sich die Zyklenlängen in einem bestimmten Rahmen auch verschieben können. Das Endresultat muss daher keineswegs wie eine monotone Sinuskurve aussehen.

Grundsätzlich halte ich nichts von einer pedantischen Aufsplitterung der Papers. Das Höhlen-Projekt wurde von einer wissenschaftlichen Gruppe gemeinsam durchgeführt und die Ergebnisse dann auf verschiedene Papers aufgeteilt, so wie es heute üblich ist. Dies steigert die Anzahl der Publikationen, kann aber der Übersicht halber auch sinnvoll sein. Früher wären alle Ergebnisse in einer Monographie erschienen und die Zusammenhänge klar benannt worden. Ich halte ebenfalls nichts davon, sich nun auf Splitterergebnisse zu beschränken und so zu tun, als ob es die anderen Papers gar nicht geben würde.

Kommen wir nun aber zum wichtigsten Punkt: Warum ist es heutzutage als Wissenschaftler unklug, im Zusammenhang mit Bond et al. und Sonnenaktivitätszyklen genannt zu werden? Wie ich Ihnen bereits in der Vergangenheit versucht habe zu erklären, steckt hierin vermutlich einer der Schlüssel zur Klimadebatte. Wenn es sonnensynchrone Millenniumszyklen in der Vergangenheit gegeben hat, dann wird es sie auch heute noch geben. Und die Erwärmung der letzten 150 Jahre seit Ende der Kleinen Eiszeit passt genau in dieses Muster. In den letzten 100 Jahren hat sich das Sonnenmagnetfeld mehr als verdoppelt (nun geht es wieder zurück).

Ich hatte zu Bond et al. (2001) im Juli 2010 eine interessante Blog-Diskussion mit Stefan Rahmstorf. Er wollte mir damals weismachen, dass Bond später von seinen Zyklen wieder abgerückt wäre und sich die Zyklen nicht bestätigt hätten. Siehe http://tinyurl.com/cfaxbqv (Kommentar 1.8.2010, 22:44 Uhr).

Beide Behauptungen sind nicht richtig. Wie mir ein ehemaliger Doktorand von Bond mitteilte, verfolgte Bond diese Zyklen bis zu seinem viel zu frühen Tod weiter. Er war sogar als Co-Autor an weiteren Studien beteiligt, die den Zyklus bestätigen konnten. Mittlerweile hat eine Vielzahl von Papers den holozänen Bond et al. Klimazyklus in den verschiedensten Teilen der Erde nachgewiesen. Das neueste Paper sowie eine Karte mit den meisten Papers ist in einem kürzlichen Blogartikel im Kaltesonne-Blog erschienen:

http://tinyurl.com/9q7qbj7

Nun kommt eine weitere interessante Wendung: Wer hat Manfred Mudelsee jetzt eigentlich davon überzeugt, gegen den Artikel im Kaltesonne-Blog über Mudelsee et al. (2012)vorzugehen? Hätten Sie’s erraten? Es war Stefan Rahmstorf himself. Siehe Kommentar 143 im Zeit Online Artikel:

http://tinyurl.com/9lectlv

Ich finde folgendes sich hieraus ergebendes Thema für Ihre Berichterstattung, Herr Staud, viel spannender: Wie kommt Stefan Rahmstorf eigentlich dazu, die holozäne Bond-Zyklik fälschlicherweise abzustreiten? Und was hat es zu bedeuten, dass er dann auch noch von Manfred Mudelsee als Motivator für seine Kritik an unserer Berichterstattung genannt wird?

Eine Heidelberger Gruppe hatte vor einigen Jahren versucht, das Thema solarsynchroner Klimazyklen in wissenschaftlicher Weise vornazubringen und hat sich damit nichts als Ärger eingehandelt (siehe unser Blogartikel „Prof. Augusto Mangini – Ein Pionier des Klimarealismus„). Ganz vorne beim Austeilen der Kritik mit dabei: Stefan Rahmstorf. Überrascht?

Und wo wir gerade beim Nachhaken sind: Wie konnten Sie, Herr Staud, nur versäumen zu erwähnen, dass Sami Solanki in der Tat ziemlich alleine mit seiner Ansicht in der Fachwelt dasteht, die Sonnenaktivität sei für die kommenden Jahrzehnte in keiner Weise vorhersagbar? Die zehn Papers, die ich Ihnen schickte, habe ich jetzt übrigens in unserem Kaltesonne-Blogbeitrag verlinkt. Siehe „Drohende Sonnenflaute“ in http://tinyurl.com/cfk35lt

Die Meeresspiegelzitate aus dem Spiegel sind noch immer so im Netz wie wir sie damals im Buch zitiert hatten. Sie können wirklich nicht erwarten, dass wir täglich nachschauen, ob sich hier etwas verändert. Ich bevorzuge hierbei übrigens echte Daten und Publikationen. Wenn jemand einen menschengemachten Meeresspiegelanstieg als Statement nachreicht, ist dies eine Meinungsäußerung, die es zu akzeptieren gilt. Im Übrigen stimmt dies durchaus mit der in unserem Buch „Die kalte Sonne“ vertretenen Ansicht überein, dass ein Teil der Erwärmung (und damit ein Teil des Meeresspiegelanstiegs) durchaus durch den Menschen verursacht wurde.

Abschließend noch ein paar Anregungen für wirklich interessante Themen für zukünftige Zeit Online und Klimaretter-Artikel:

  • Warum ist die globale Temperatur seit 2000 nicht mehr (signifikant) angestiegen? Wo stecken die Probleme in den verwendeten Klimamodellen?
  • Ist es reiner Zufall, dass die Temperaturzyklen der letzten 150 Jahre parallel zur Pazifisch Dekadischen Oszillation (PDO) bzw. zur AMO verliefen? Welche Schlüsse könnten hieraus für die Temperaturprognose der kommenden 30 Jahre zu ziehen sein? Wie kommt Mojib Latif dazu, für die kommenden zehn Jahre keine signifikante Erwärmung anzunehmen? Weiß er mehr, als andere?
  • Gäbe es einen vernünftigen Grund, warum Schwankungen der Sonnenaktivität in den letzten 10.000 Jahren zu überraschend synchronen und bedeutenden Klimaveränderungen geführt haben? Welcher Mechanismus sollte heute verhindern, dass die empirisch gut belegte Zusammenarbeit zwischen Sonne und Klima jetzt plötzlich nicht mehr funktioniert?

Und hier noch die allerwichtigste Frage:

  • Warum beschäftigen sich so wenige Forscher und Medien mit diesen klar auf der Hand liegenden Fragen?

 

Beste Grüße

Sebastian Lüning

 

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