Neue Prognose auf Basis der natürlichen Ozeanzyklik: Hurrikanflaute an der US-Ostküste setzt sich vermutlich noch mindestens zwei Jahrzehnte fort

Hurrikane bringen an der US-amerikanischen Atlantikküste seit jeher Tod und Verderben. Die zerstörerischen Sturm-Kräfte lassen den Menschen zum Spielball der Elemente werden und zeigen unsere Grenzen auf. Noch vor zehn Jahren ging man davon aus, dass wir einen Einfluss auf die Hurrikane haben könnten. Lautstark wurde erklärt, wir würden durch unsere CO2-Emissionen den Hurrikan-Gott erzürnen, der daraufhin die Hurrikane häufiger zu uns auf die Erde schickt. Die Idee: Eine wärmere Erde führt zu gesteigerter Hurrikanaktivität.

Die Hypothese wurde nun im Rahmen einer Studie überprüft. Seit 1979 ist es spürbar wärmer geworden, sind Hurrikane parallel dazu häufiger geworden? Am 30. August 2016 die Auflösung in den Environmental Research Letters. Ein Autorenteam um Booth et al. nahm sich die Ostküste der USA vor und zählte fleißig Hurrikane und außertropische Stürme. Das Ergebnis überrascht: Die Wissenschaftler konnten keinen Langzeittrend finden. Keine Steigerung der Sturmtätigkeit an der US-amerikanischen Ostküste. Im Paper liest sich das so:

„However, no such signal is found, consistent with previous studies documenting no evidence for long-term trends in storminess“

Die Stürme werden weder weniger noch mehr. Nun stehen die Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ziemlich dumm da. Noch vor drei Jahren (2013) hatte PIK’s Anders Levermann eine starke Zunahme von extremen Hurrikanen vorhergesagt. Die Welt verbreitete die Spekulationen bereitwillig:

Forscher sagen Zunahme extremer Stürme voraus
Wissenschaftler haben die Folgen der Erderwärmung auf die Sturmaktivität simuliert – mit beunruhigenden Ergebnissen: Schon ein geringer Temperaturanstieg soll die Zahl von Hurrikans vervielfachen.

Eigentlich hätte es Levermann besser wissen müssen. Denn bereits seit 2005 sinkt die Hurrikanaktivität, wie in der sogenannten ACE-Kurve („ACE = Accumulated Cyclone Energy) für den Nordatlantik zu sehen ist (blaue Kurve in Abb. 1). Gut zu erkennen ist eine ausgeprägte Zyklizität der Hurrikanaktivität, die an die Ozeanzyklen gekoppelt ist.

Abbildung 1: Nordatlantische Hurrikanaktivität laut ACE-Kurve („ACE = Accumulated Cyclone Energy). Daten: NOAA, Graphik: Greg Goodman / Judth Curry Blog

 

Unter Berücksichtigung der Ozeanzyklik werden nun auch Mittelfrist-Prognosen verlässlicher. Klotzbach et al. (2015) sehen auf Basis der Atlantischen Multidekadenoszillation (AMO) eine weitere Fortsetzung der Hurrikan-armen Zeit im Nordatlantik. Der Titel ihrer Arbeit in Nature Geoscience: „Active Atlantic hurricane era at its end?“ Die wichtigste Abbildung zeigt deutlich, dass in den kommenden Jahrzehnten eine Hurrikan-arme („inactive“) Zeit bevorsteht (Abbildung 2).

Abbildung 2: Hurrikanaktivität (ACE, grüne Kurve) und Atlantischer AMO-Ozeanzyklus (blaue Kurve) weisen ein hohes Maß an Parallelität auf. In Fortsetzung der bisherigen Entwicklung tritt das Klimasystem nun in eine Hurrikan-arme Zeit ein, die zwei bis drei Jahrzehnte andauern könnte. Abbildungsquelle: Klotzbach et al. (2015)

 

Im Text der Arbeit wird eine explizite Prognose abgegeben:

A transition of the AMO to its negative phase implies that the frequency of storms that make landfall along the east coast of the US should decrease significantly.

Allmählich beginnt man auch zu verstehen, weshalb das alte Hurrikan-Modell gescheitert ist. Li et al. 2014 vermuten, dass man den erhöhten Wassergehalt in einer wärmeren Atmosphäre vernachlässigt hat. Eos fasst den Knackpunkt der Studie wie folgt zusammen:

The researchers concede that the historic conditions do not match perfectly with predictions for the future; nevertheless, their analysis revealed that cyclones during warmer periods generated significantly more precipitation but did not exhibit increased intensity otherwise. Because a warmer climate can lead to more evaporation and thus greater humidity, previous research has sought to understand how the added moisture would affect cyclones. The increased levels of precipitation detailed here support the theory that added moisture increases the efficiency of poleward heat transport by the storm track, as opposed to increasing wind speed or vorticity through latent heat release.

Vielleicht spielen auch Vulkanausbrüche eine Rolle. Dies vermuten jedenfalls Guevara-Murua et al. 2015 in ihrer Arbeit „Consistent decrease in North Atlantic Tropical Cyclone frequency following major volcanic eruptions in the last three centuries„. Wie immer bei Vulkanarbeiten ist Vorsicht angeraten. Zu oft wurden Vulkane missbraucht um die Wirkung von Ozeanzyklen und Sonnenaktivitätsschwankungen zu leugnen.

Die lange Hurrikanflaute an der US-Ostküste hat die Forscher überrascht. Hall & Hereid (2015) haben ausgerechnet, dass es durchschnittlich nur alle 177 Jahre zu einer 9 Jahre andauernden hurrikanlosen Zeit von kommt, wie kürzlich geschehen:

The frequency and duration of U.S. hurricane droughts
As of the end of the 2014 hurricane season, the U.S. has experienced no major hurricane landfall since Hurricane Wilma in 2005, a drought that currently stands at 9 years. Here we use a stochastic tropical cyclone model to calculate the mean waiting time for multiyear landfall droughts. We estimate that the mean time to wait for a 9 year drought is 177 years. We also find that the average probability of ending the drought with a major landfall in the next year is 0.39 and is independent of the drought duration, as one would expect for a Bernoulli process.

Wie gewohnt scheint sich das PIK nicht für die Realität zu interessieren. Die Potsdamer fahren unbeirrt weiter ihren Klimaalarm-Kurs, selbst wenn die wissenschaftlichen Fakten eine ganz andere Richtung anzeigen. Am 16.8.2016 gab das PIK die folgende irre Pressemitteilung heraus:

Kann Wirtschaftswachstum Klimaschäden wettmachen? Nicht bei Hurrikanen
[…] Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) haben nun das Ausmaß möglicher zukünftiger Hurrikanschäden im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum analysiert. Am Beispiel der USA fanden sie heraus, dass eine Verdreifachung dieser relativen Schäden bei unvermindertem Klimawandel bis zum Ende des Jahrhunderts möglich ist und die akkumulierten jährlichen Schäden durchschnittlich sogar um das Achtfache ansteigen können. Im Gegensatz zur verbreiteten Ansicht zeigt ihre Studie, dass vermehrte Schäden zumindest in den USA nicht durch Wirtschaftswachstum ausgeglichen werden können.

Tock tock tock – irgendjemand zuhause? Bitte Hirn anschalten.

 

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