In Zukunft wohl weniger Überschwemmungen in Skandinavien

Die Klimadiskussion dreht sich im Kreise, ja beginnt in einigen Themenfelder bereits sogar zu langweilen. Die Abläufe scheinen sich entlang einem schlechten Filmskript entlangzuhangeln: Pünktlich nach Eintreten eines Extremwetterereignisses ruft der zuständige Redakteur den Aktivisten L oder R an. Jener verkündet dann mit tränenerstickter Stimme, dass der Klimawandel vermutlich schon seine Finger mit im Spiel hatte, es fällt der Begriff „gezinkter Würfel“. Eines stehe fest: In Zukunft wird alles noch viel schlimmer. Dazu noch das Bild eines vom Hurrikan verwüsteten Hauses, eines auf einer Eisscholle sitzenden traurigen Eisbären – fertig ist der neue warnende Artikel zum Klimawandel. Der Leser zeigt sich angesichts der vermeintlich drückenden Faktenlage überzeugt.

Dabei liegen zwei gewaltige Auslassungen vor: Extremwetter hat es in der Vergangenheit stets gegeben. Erstens: Weshalb werden uns keine konkreten Informationen über Häufigkeitstrends gegeben? Wie hat sich die Häufigkeit von Stürmen, Überschwemmungen in den letzten 150, 1000 oder 10.000 Jahren verändert? Ohne diese Information kann man das jeweilige Extremwetterereinis doch gar nicht in den Klimawandel einordnen. Zweitens: Für die gruseligen Zukunftsprognosen werden Klimamodelle herangezogen. Diese sind jedoch nur glaubwürdig, wenn sie auch die Klimageschichte, also die Extremwetterentwicklung der letzten 150, 1000 und 10.000 Jahre sauber reproduzieren können. Weshalb erwähnen die Journalisten nicht, dass die historische Klimakalibrierung in den allermeisten Fällen fehlt bzw. sogar fehlgegangen ist?

Das konsequente Verschweigen dieser wichtigen Kontextinformationen wirft kein gutes Licht auf Redakteure und Klimaaktivisten. Gebraucht wird eine Art „Klimaführerschein“ für Journalisten, ein Mindeststandard, der bei der Berichterstattung in diesem politisch sensiblen Feld erfüllt sein muss, bevor ein Zeitungsartikel oder Fernsehbeitrag freigegeben werden kann. Das momentan grassierende Verfahren der spontanen Verquickung jeglichen Extremwetters mit dem anthropogenen Klimawandel ist naiv, ja sogar gefährlich. Wie kann man Redakteuren und Aktivisten L oder R in Zukunft überhaupt noch trauen, wenn sie historische Trends und Modellleistungsfähigkeit mutwillig verschweigen, vielleicht weil sie von der Bevölkerung „falsch aufgenommen“ werden könnten?

Hier ein Beispiel für Überflutungen in Skandinavien. Eivind Støren und ØyvindPaasche berichteten im Februar 2014 in Global and Planetary Change, dass in 50-100 Jahren dort mit einer Abnahme der Überschwemmungen zu rechnen sei:

Scandinavian floods: From past observations to future trends
Although most climate models agree on a general increase in future precipitation in the Northern Hemisphere due to higher temperatures, no consensus has yet been reached on how this warming will perturb flooding rates. Here we examine the potential co-variability between winter precipitation (Pw) and floods on millennial time scales. This is accomplished by analyzing reconstructed Pw from five records in Scandinavia, which is, compared to data from two high-resolution flood records from southern Norway. These Holocene records reveal a positive correlation (R2 = 0.41, p > 0.01) between the number of floods and Pw on centennial time scales over the last 6000 years. Future projections for Pw over central Scandinavia for the next 100 years suggest a continued increase in Pw that approximates maximum Holocene precipitation values. Despite an anticipated increase in Pw, the paleodata, nevertheless, suggest that we are likely to witness a decrease in future floods 50–100 years from now because the accompanying warming will cancel that net effect of a wetter regime.

In einer anderen Studie untersuchten Kristina Seftigen und Kollegen Baumringe in Skandinavien und Finnland für die vergangenen 1000 Jahre. Sie fanden eine Phase mit starken Überschwemmungen im 17. Jahrhundert. Dabei konnten sie auch zeigen, dass sich das 20. Jahrhundert in keiner Weise vom Überflutungsgeschehen des letzten Millenniums unterscheidet. Die Arbeit erschien im Juni 2015 in Climate Dynamics. Vielmehr spielte der NAO-Ozeanzyklus eine wichtige Rolle:

A tree-ring field reconstruction of Fennoscandian summer hydroclimate variability for the last millennium
Hydroclimatological extremes, such as droughts and floods, are expected to increase in frequency and intensity with global climate change. An improved knowledge of its natural variability and the underlying physical mechanisms for changes in the hydrological cycle will help understand the response of extreme hydroclimatic events to climate warming. This study presents the first gridded hydroclimatic reconstruction (0.5° × 0.5° grid resolution), as expressed by the warm season Standardized Precipitation Evapotranspiration Index (SPEI), for most of Fennoscandia. A point-by-point regression approach is used to develop the reconstruction from a network of moisture sensitive tree-ring chronologies spanning over the past millennium. The reconstruction gives a unique opportunity to examine the frequency, severity, persistence, and spatial characteristics of Fennoscandian hydroclimatic variability in the context of the last 1,000 years. The full SPEI reconstruction highlights the seventeenth century as a period of frequent severe and widespread hydroclimatic anomalies. Although some severe extremes have occurred locally throughout the domain over the fifteenth and sixteenth centuries, the period is surprisingly free from any spatially extensive anomalies. The twentieth century is not anomalous in terms of the number of severe and spatially extensive hydro climatic extremes in the context of the last millennium. Principle component analysis reveals that there are two dominant modes of spatial moisture variability across Fennoscandia. The same patterns are evident in the observational record and in the reconstructed dataset over the instrumental era and two paleoperiods. The 500 mb pressure patterns associated with the two modes suggests the importance of the summer North Atlantic Oscillation.

 

 

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