Hypothese: Über welchen Mechanismus hängen Sonne und Klima zusammen?

Von Uli Weber

In den letzten Jahren mehren sich die wissenschaftlichen Arbeiten mit zustimmenden Ergebnissen zum direkten Klimaeinfluss der Sonne, wie er in dem Buch „Die kalte Sonne“ (2012) von Vahrenholt und Lüning erstmals zusammenfassend dargestellt worden war. Damals allerdings hagelte es medialen Kritik bis hin zu einer öffentlichen Stigmatisierung der Autoren als „Klimawandelskeptiker“ durch eine Bundesbehörde.

Aber neben der Sonne als primäre Energiequelle für unser Klima gibt es tatsächlich keine Kraft auf der Erde, die dem Betrag nach überhaupt für Klimaschwankungen aufkommen kann:

  • Die primäre Energie, die unsere Erde zur Klimagenese beisteuern kann, ist vernachlässigbar und besteht aus Erdwärme, Gezeitenreibung  und sekundären Auswirkungen der Plattentektonik.
  • Lediglich Vulkanausbrüche sind in der Lage, das Wettergeschehen auf unserer Erde kurzfristig (deutlich kürzer als 30 Jahre) zu beeinflussen, und zwar nicht etwa über ihren Energieeintrag, sondern – man höre und staune – über eine Beeinflussung der Sonneneinstrahlung in der höheren Atmosphäre durch Aerosole und Aschepartikel.
  • Und den sogenannten „klimaaktiven“ Gasen wird zwar vom IPCC eine „Klimawirksamkeit“ in [W/m²] zugeschrieben, diese „Klimawirksamkeit“ besteht aber lediglich in der passiven Aufnahme von IR-Strahlung und stellt damit keinerlei zusätzlich verfügbare aktive Energiequelle dar.

Der erforderliche Umfang an Leistungsveränderungen für merkliche Temperatureinflüsse kann also in Ermangelung von Alternativen nur aus der Primärquelle Sonne selbst abgeleitet werden. Aber die absoluten Schwankungen dieser Primärquelle, gleichgültig, ob über die orbitalen Zyklen (Milanković-Zyklen) oder über die solaren Zyklen selbst, sind mit durchschnittlich etwa 1 W/m² viel zu gering, um dem Betrag nach für die nachgewiesenen Klimaschwankungen aufkommen zu können.

Die Klimasensitivität der Sonnenstrahlung k geben Douglas und Clader [1] aus eigenen Versuchen mit

Ganz grob gerechnet werden also etwa zusätzliche 10 [W/m²] Sonneneinstrahlung benötigt, um die Durchschnittstemperatur auf der Erde auch nur um ein Grad Celsius zu erhöhen, also in etwa das Zehnfache der tatsächlichen Schwankung der Solarkonstanten über solare oder orbitale Zyklen.

Hier müsste man jetzt zum ersten Mal abbrechen – wenn es die Eiszeiten nicht gegeben hätte.

Diese nachgewiesenen paläoklimatischen Schwankungen werden seit Köppen und Wegener [2] den orbitalen Milanković-Zyklen zugeschrieben. Aber auch diese orbitalen Zyklen resultieren lediglich in Schwankungen der durchschnittlichen solaren Einstrahlung von etwa 1 [W/m²] (Schwarz [3]), was die Gesamtproblematik nicht wirklich auflöst, denn die eiszeitlichen Temperaturschwankungen betragen etwa +3 Grad und -9 Grad gegenüber der gegenwärtigen Durchschnittstemperatur. Für eine solche nachgewiesene Temperaturvarianz wären folglich Veränderungen der Strahlungsleistung zwischen etwa +30 [W/m²] und -85 [W/m²] gegenüber der aktuellen Solarstrahlung erforderlich.

Widerspruch: Wir haben an dieser Stelle also den Widerspruch, dass keine primäre klimawirksame Kraft existiert, die direkt mit etwa +30/-85 [W/m²] auf die Temperaturgenesse unserer Erde einwirken kann, Temperaturschwankungen zwischen etwa +3 Grad und -9 Grad gegenüber der gegenwärtigen globalen Durchschnittstemperatur aber sehr wohl paläoklimatisch nachgewiesen worden sind.

Der eigentliche Wirkmechanismus zwischen den solaren Schwankungen und den Schwankungen der globalen Durchschnittstemperatur ist also noch immer nicht direkt nachgewiesen worden. Es gibt aber eigentlich nur noch eine einzige Lösung für dieses Problem, nämlich eine sekundäre Steuerung der solaren Einstrahlung durch das sogenannte Albedo-Forcing der Erde mittels Reflexion von Teilen der primären solaren Einstrahlung. Der Autor hatte bereits rein rechnerisch gezeigt, dass über eine Modulation des temperaturwirksamen Anteils der Sonneneinstrahlung ein direkter Einfluss auf die Temperaturgenese der Erde möglich wäre, nachzulesen beispielsweise hier auf KalteSonne oder im Original bei der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft (ab Seite 9). In der originären Veröffentlichung wurde auch das Beispiel eines elektronischen Verstärkers als erklärende Beschreibung für das Albedo-Forcing genannt, und ein solcher Wirkmechanismus würde natürlich nicht nur für große Eiszeiten gelten, sondern auch für kleine.

Die kurzwellige Sonneneinstrahlung kann auf unserer Erde nämlich nur über eine Umwandlung in infrarote Strahlung temperaturwirksam werden. Wenn nun eine geringe Abschwächung der solaren Einstrahlung zu einer Ausdehnung von Schnee- und Eisfeldern führt, dann reflektieren diese Schnee- und Eisfelder wiederum die kurzwellige Sonneneinstrahlung. Im Ergebnis wird durch diese Rückkopplung die Temperaturwirksamkeit der Sonneneinstrahlung noch weiter eingeschränkt. Das Wirkprinzip eines solchen Albedo-Forcings (Abbildung 1) kann man sich wie eine Elektronenröhre vorstellen:

Abbildung 1: Erklärung für die Wirkungsweise des Albedo-Forcings am Analogon einer Verstärkerröhre

 

Wenn man bedenkt, dass im Mittel (die Breitenabhängigkeit der Sonneneinstrahlung mit dem Cosinus einmal außer Acht lassend) auf den Schnee- und Eisflächen der Tagseite unserer Erde ein Großteil der dort auftreffenden solaren Einstrahlung klimaunwirksam reflektiert wird, dann stellen solche differentiell zunehmenden oder abnehmenden Schnee- und Eisflächen einen ganz erheblichen Eingriff in den Klimamotor unserer Erde dar. Wenn die reflektierte Strahlungsleistung dann nämlich in der Strahlungsbilanz fehlt, wird es noch kälter und die Flächen wiederum größer und so weiter  – oder umgekehrt, wenn diese Flächen schmelzen…

Und das ist vordergründig schon wieder einmal eine Sackgasse. Denn wir haben hier einen ganz neuen klimatischen Kipp-Punkt entdeckt, den es in der geschichtlich und paläoklimatisch niedergelegten Klimahistorie unserer Erde niemals gegeben hat – von der immer noch diskutierten „Snowball Earth“-Hypothese einmal abgesehen. Denn die durch Klima-Proxies belegten eiszeitlichen Temperaturschwankungen haben niemals zu einer klimatischen „Resonanzkatastrophe“ geführt.

Und hier müsste man zum zweiten Mal abbrechen – wenn es die Eiszeiten nicht gegeben hätte.

Die paläoklimatischen Eiszeitalter sind nämlich wissenschaftlich nachgewiesen und erfordern einen klimawirksamen Mechanismus, der sowohl einen erheblichen Verlust/Anstieg an klimawirksamer Solarenergie als auch ein „Selbstverlöschen“ nach dem jeweiligen Abklingen der zugrunde liegenden Ursache zu erklären vermag.

Halten wir bis hierhin also noch einmal fest:

  • Es hat nachweislich paläoklimatische Schwankungen von etwa +3° und -9° gegenüber der gegenwärtigen globalen Durchschnittstemperatur gegeben.
  • Die absoluten Schwankungen der Sonneneinstrahlung als unserer Primärquelle sind viel zu gering, um dem Betrag nach für diese nachgewiesenen Klimaschwankungen aufkommen zu können, und zwar gleichgültig, ob nun über die orbitalen (Milanković-) Zyklen oder über die solaren Zyklen selbst.
    • Es gibt also keinen primär wirksamen Klimamechanismus, der die für solche eiszeitlichen Klimaschwankungen notwendigen Veränderungen in der Größenordnung von etwa +30 [W/m²] bis -85 [W/m²] gegenüber der aktuellen Solarstrahlung erzeugen könnte.
    • Der erforderliche Umfang an Leistungsveränderungen für merkliche Temperatureinflüsse kann in Ermangelung von primär wirksamen Alternativen nur als Sekundäreffekt aus der Primärquelle Sonne selbst abgeleitet werden, wobei sich das Albedo-Forcing als ein solcher Mechanismus anbieten würde.
    • Und schließlich: Der betreffende Klimamechanismus endet paläoklimatisch niemals in einer „Resonanzkatastrophe“ und muss daher zwingend in einem neuen Gleichgewichtszustand zum Erliegen kommen.

Ergo: Für die erforderliche Veränderung der temperaturwirksamen Solarstrahlung zur Erklärung der eiszeitlichen Temperaturschwankungen kommt dem Betrag nach nur die Albedo der Erde als sekundäre Steuergröße in Frage. Die Albedo der Erde beträgt aktuell etwa 0,3, das heißt 30 Prozent der Sonneneinstrahlung werden temperaturunwirksam reflektiert. Die MiniMax-Eckwerte für den Wirkmechanismus eines Albedo-Forcings unserer Erde wären also:

Albedo=0=Schwarzer Körper entsprechend 1.367 [W/m²] temperaturwirksamer Einstrahlung und

Albedo=1=Diskokugel entsprechend 0 [W/m²] temperaturwirksamer Einstrahlung.

In Summe ließen sich also theoretisch die kompletten 1.367 [W/m²] Sonneneinstrahlung über die Albedo der Erde temperaturwirksam steuern.

 

Abschließende Frage: Wie könnte dann ein begrenzt klimawirksamer Mechanismus zwischen Albedo-Forcing und der globalen Durchschnitttemperatur aussehen?

Abbildung 2: Mögliche Wirkweise des Albedo-Forcings

 

 

Arbeitshypothese: Was wäre denn, wenn das sekundäre Albedo-Forcing (Abbildung 2) als Wirkmechanismus nach Abklingen des primär ursächlichen Eingangssignals lediglich 10 Jahre Zeit hätte, bis durch eine Anpassung der globalen Wolkenbedeckung ein neuer klimatischer Gleichgewichtszustand erzwungen werden würde?

Argument: Die globale Wolkenbedeckung kann weitaus flexibler auf eine Strahlungsveränderung der Sonneneinstrahlung reagieren als die Schnee- und Eisbedeckung.

Aber: Vielleicht ist der Wirkmechanismus ja auch genau umgekehrt, die globale Wolkenbedeckung reagiert sofort auf eine Veränderung und das globale Klima wird 10 Jahre nach Abklingen dieser ursächlichen Veränderung durch eine sukzessive Anpassung der Schnee- und Eisfelder stabilisiert…

Danach müsste man in Abbildung 2 einfach nur DA und DW austauschen (Abbildiug 3):

 

Abbildung 3: Hypothese für ein globales Klima-Forcing

 

Damit hätten wir das langsam wirkende Albedo-Forcing und die schnelle Reaktion über die globale Wolkenbedeckung zu einem sinnfälligen Wirkmechanismus für klimatische Veränderungen analog zur Notch-Delay Theorie zusammengeführt.

 

 

Die abschließende Hypothese lautet also: 

Klimaimpulse durch eine geringfügige Veränderung der solaren Einstrahlung werden von der globalen Wolkenbedeckung unmittelbar in eine Temperaturveränderung umgesetzt. Dieser Prozess endet 10 Jahre nach Abklingen des Impulses durch eine entsprechende Anpassung der Erdalbedo mittels einer Veränderung der globalen Schnee- und Eisbedeckung.

So, das war’s jetzt erstmal, vielleicht hat ja irgendjemand eine Idee, wie es weitergehen könnte…

 

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Der „Werkzeugkasten“ für einen Albedo-Forcing Mechanismus, der zwingend in einem neuen klimatischen Gleichgewichtszustand konvergieren muss, enthält bisher:

Svensmark-Effekt und Wolkenbildung: Eine Abschwächung des solaren Magnetfeldes bei einer schwachen Sonne soll mit einer verstärkten Wolkenbildung in der Erdatmosphäre durch kosmische Strahlung einhergehen und zu einer Verminderung der globalen Durchschnitttemperatur führen:

http://www.kaltesonne.de/neues-vom-svensmark-wolken-solarverstarker/

Der Svensmark-Effekt wurde vom CERN mit dem CLOUD-Experiment nachgewiesen:

https://press.cern/sites/press.web.cern.ch/files/file/old/CLOUD%20press%20briefing.pdf

Höhere Temperaturen erzeugen weniger Wolken, weniger Wolken vermindern die Albedo und mehr Sonnenstrahlung wird temperaturwirksam – und umgekehrt führen niedrige Temperaturen zu einer erhöhten Wolkenbedeckung mit dem gegenteiligen Ergebnis.

http://www.kaltesonne.de/erwarmung-durch-weniger-wolken-oder-weniger-wolken-durch-erwarmung/

http://www.kaltesonne.de/wichtiger-etappenerfolg-wolken-als-klimaverstarker-der-atlantischen-ozeanzyklen-bestatigt/

Dabei verlaufen die Klimaeinflüsse von hohen und niedrigen Wolken offenbar diametral:

http://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Wolken

Die Notch-Delay Theorie: Die Notch-Delay Theorie von Evans baut auf einer Transfer-Funktion auf und erklärt sich über eine verzögerte Temperaturwirkung solarer Strahlungsschwankungen.

http://www.kaltesonne.de/keine-gemeinsamen-schwingungen-dr-david-evans-notch-delay-theorie-erster-teil/

http://www.kaltesonne.de/eine-botschaft-fur-die-zukunft-dr-david-evans-notch-delay-theorie-zweiter-teil/

Zeitliche Verzögerung bei der Einstellung eines Temperaturgleichgewichtes: Usoskin et al. beschreiben eine Zeitverzögerung von 10 Jahren zwischen solaren Strahlungsveränderungen und der Durchschnittstemperatur auf der Nordhalbkugel.

http://www2.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/solanki/c153.pdf

http://cc.oulu.fi/~usoskin/personal/2004ja010964.pdf

 

Literaturnachweis:

[1] Douglas and Clader (2002): Climate sensitivity of the Earth to solar irradiance. GEOPHYSICAL RESEARCH LETTERS, VOL. 29, NO. 16, 10.1029/2002GL015345, 2002. http://www.pas.rochester.edu/~douglass/papers/DouglassClader_GRL.pdf
Letzter Zugriff am 7. August 2013

[2] Köppen und Wegener “Die Klimate der geologischen Vorzeit” (Bornträger 1924). Ein Nachdruck mit englischer Übersetzung ist bei Schweizerbart erschienen: https://www.schweizerbart.de/publications/detail/isbn/9783443010881/Koppen_Wegener_Die_Klimate_der_geologis

[3] Die Milankowitsch-Zyklen von Oliver Schwarz. http://www.physik.uni-siegen.de/didaktik/materialien_offen/milankowitsch.pdf
Letzter Zugriff am 7. August 2013

 

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