Höheres Lawinenrisiko während Kaltzeiten: Mehr Schnee und weniger schützende Bäume

In Nature Communications erschien am  7. Februar 2019 ein Paper von Bhatia et al., in dem die Autoren darlegen, dass tropische Wirbelstürme sich heute schneller beschleunigen als früher. Der Meteorologe Jörg Kachelmann kommentierte auf Twitter:

Echte Wissenschaft statt täglich-kassandreske potsdämliche Sirenenklänge und Golfstrom-Räubergeschichten: Eine grössere Zahl oder stärkere Hurrikane bisher nicht nachweisbar, aber die Geschwindigkeit der Intensivierung ist neu und ein Zusammenhang mit dem Klimawandel liegt nahe.

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Spektrum der Wissenschaft betreibt eine Blog-Familie mit dem Namen SciLogs. Unter dieser Adresse gibt es auch das Blog eines bekannten Potsdamer Wissenschaftlers, das aber heute ausnahmsweise nicht Thema sein soll. Viel erfreulicher ist das SciLog-Blog „Geschichte der Geologie“ des Geologen David Bressan. Am 14. Januar 2019 ging es bei Bressan um Trends bei Lawinen und die Frage, ob sie in kälterem oder wärmerem Klima häufiger sind. Auszug aus dem Blogartikel:

Was Moore uns über Klimawandel und Lawinenrisiko in den Alpen verraten können
[…] Die Auswirkungen des derzeitigen Klimawandels auf das Lawinenrisiko sind aufgrund der vielen Faktoren die berücksichtigt werden müssen schwer abzuschätzen. Die derzeitigen Prognosen gehen davon aus das Schneefall später im Jahr erfolgt und im Frühjahr der Schnee früher schmilzt, das Lawinenrisiko sollte daher insgesamt sinken. Um diese Hypothese zu testen, müsste man die Anzahl der Lawinenabgänge während einer klimatisch wärmeren, mit der Anzahl während einer klimatisch kälteren Klimaphase vergleichen. Historische Dokumente reichen nur einige hundert Jahre zurück. Moorablagerungen reichen dagegen einige tausend Jahre zurück. Dank der Baumpollen, die in den Mooren konserviert wurden, konnte das Klimageschehen in den Alpen rekonstruiert werden. Die Alpen erlebten in den letzten 10.000 Jahren mehrere Zyklen wo sich das Klima nach längeren warmen Phasen deutlich abkühlte. Die Moore konservieren im Laufe der Zeit auch Baumstämme, die durch einen Lawinenabgang mitgerissen wurden und während der Schneeschmelze im Moor versanken.

Forscher untersuchten 177 Baumstämme die auf 2.150 Meter Seehöhe in einem Moor mitten in den Zillertaler Alpen gefunden wurden. Durch Baumringanalyse konnte das genaue Jahr und sogar die Jahreszeit bestimmt werden, wenn der Baum abstarb. Bäume, die im Winterhalbjahr plötzlich abstarben, wurden wahrscheinlich durch eine Lawine entwurzelt. Insgesamt konnten 21 sehr große Lawinen nachgewiesen werden. Die älteste Lawine ging vor mehr als 8.000 Jahre vom darüberliegenden Hang ab, die jüngste erfolgte im Winter 1285. Besonders viele Lawinen gingen im Zeitraum von 4.000 bis 3000 v.Chr. und um 200 bis 500 n.Chr. ab. Diese Alter stimmen ungefähr mit Gletschervorstößen in den Alpen überein. Während einer kalten Klimaphase gab es genügend Schnee für die Lawinen. Aber auch in warmen Klimaphasen, die mit einem starken Abschmelzen der Gletscher zusammenfallen, gab es laut Studie einige große Lawinen.

Ganzen Artikel im Blog „Geschichte der Geologie“ lesen.

Der Blogartikel nimmt Bezug auf eine Arbeit von Luzian et al. 2011 (pdf hier). In den Schlussfolgerungen heißt es dort unter anderem:

Erwärmung bewirkt besseres Waldwachstum und ein Höhersteigen der Waldgrenze. Damit wird die absolute Zahl potenzieller Lawinenanbruchgebiete verringert, bei gleichzeitig stark positiver Wirkung auf den Gebietsabfluss (GUGGENBERGER H. 1980, KRONFUSS H. 1997, MARKART G. et al. 2006, WIESER G. et al. 2008, MATYSSEK R. et al. 2009). Das Naturgefahrenrisiko kann daher, potenziell, in vielen alpinen Bereichen abnehmen.

 

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