Gegen den Baum gefahren: Keith Briffa’s fragwürdige Temperaturrekonstruktionen in Sibirien

Weitgehend unbemerkt von der offiziellen Medienberichterstattung spielt sich derzeit ein interessanter Klimawissenschaftskrimi ab. Dabei geht es im Prinzip um die späte Aufklärung der berühmt-berüchtigten Hockey-Stick-Kurve sowie ihrer Nachfolgemodelle. Handelnde Personen sind der „Klimaexperte“ Keith Briffa von der Climatic Research Unit (CRU) der University of East Anglia (UEA) im englischen Norwich (Abbildung 1) sowie Steve McIntyre, ein halbpensionierter kanadischer Bergbauspezialist. Dazu muss man noch wissen, dass Briffa als Leitautor im letzten IPCC-Klimazustandsbericht tätig war. 

Die Geschichte ist sehr detaillastig und facettenreich, daher hier nur eine sehr grobe Vereinfachung. Ausgezeichnete ausführliche Darstellungen der Vorgänge geben A.W. Montford auf Bishop Hill, Steve McIntyre auf Climate Audit sowie Lucy Skywalker auf Tallbloke’s Talkshop, auf die hiermit verwiesen sei. 

 

Abbildung 1: Keith Briffa (Abbildungsquelle: CRU)

Es geht um Baumringe in Sibirien, die von Keith Briffa und anderen zur Rekonstruktion der Temperaturgeschichte herangezogen wurden, und die in allen wichtigen vom IPCC verwendeten und zitierten Kurven enthalten sind. Insbesondere dreht es sich um Bäume in „Yamal“ und „Polar Ural“ (Abbildung 2). 

 

Abbildung 2: Lagekarte der untersuchten Yamal-Baumringe in Sibirien. Abbildungsquelle: Tallbloke’s Talkshop.

 

Seit etlichen Jahren hat Steve McIntyre versucht, an die Originaldaten der Temperaturkurven heranzukommen. Briffa, Michael Mann und andere beteiligte Wissenschaftler hatten sich jedoch lange standhaft geweigert, diese Daten zu Überprüfungszwecken zur Verfügung zu stellen. Diese Weigerung ist höchst verwunderlich, bilden doch die aus diesen Daten synthetisierten Temperaturkurven eine wichtige Grundlage der Klimakatastrophenwarnungen des Weltklimarats. Da auf dieser Grundlage bereits ein kostspieliger Umbau der heutigen Industriegesellschaft begonnen wurde, sollte es doch eigentlich selbstverständlich sein, dass alle hiermit verbundenen wissenschaftlichen Daten im Sinne der Transparenz und Überprüfbarkeit frei verfügbar gemacht werden. Ein Gedanke, den der Staatsangestellte Keith Briffa offensichtlich nicht teilt. Und Briffa sowie andere Forscher scheinen ihre Gründe gehabt zu haben, diese Daten viele Jahre lang zurückzuhalten. Mittlerweile wird über die Freigabe vor Gerichten und in Untersuchungskommissionen gestritten. 

Im April 2012 nun teilte der britische Information Commissioner der University of East Anglia mit, dass er die Offenlegung der Daten fordern wird. Daraufhin musste Briffa ein weiteres wichtiges Mosaiksteinchen seiner sibirischen Baumringdaten herausrücken. McIntyre hatte damit schließlich ausreichend Material gesammelt, um die sogenannten Yamal-Baumringdaten sinnhaft auszuwerten. Endlich konnte er die Kurve neu berechnen und mit Briffas Rekonstruktion vergleichen. 

Und McIntyre fand etwas ganz Erstaunliches. Während Briffas Kurve ab etwa 1980 einen starken Anstieg zeigte, ergab die Überprüfung, dass sich die Baumring-Temperaturkurve eher auf einem mittleren Plateau einpendelte. Der späte Sieg des hartnäckigen und hochbegabten „Laien“ über den „Experten“. Alles deutet darauf hin, dass Briffas Auswertung fehlerhaft war. Und möglicherweise hatte Briffa dies schon geahnt oder gar gewusst. War dies vielleicht auch der Grund, warum die Daten über so viele Jahre unter Verschluss gehalten wurden? 

Das „Hockey Team“ war damals dringend auf der Suche nach Baumringdaten, die zunächst über viele hunderte von Jahren einen flachen Verlauf zeigten und dann in den letzten 150 Jahren stark anstiegen. Die Yamal-Daten schienen diesen Verlauf zu unterstützen, weigerten sich jedoch hinten heraus stark anzusteigen. Wie sich jetzt herausstellte, zeigte nur ein einziger Baum diesen Anstieg. Alle anderen verharrten auf einem tieferen Niveau (Abbildungen 3 und 4). Es scheint als hätte Briffa gezielt diesen anomalen Baum herausgegriffen und die anderen Daten aktiv ignoriert. Übrigens zeigen auch die Thermometer-Messwerte aus der Region keinen sehr starken Anstieg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Abbildung 4). 

 

Abbildung 3: Yamal-Temperaturrekonstruktion auf Basis von Baumringen für die vergangenen 160 Jahre. Die rote Kurve wurde von der Climate Research Unit der University of East Anglia produziert und zeigt in den letzten 30 Jahren einen starken Anstieg („Hockey Stick Form“). Die Grüne Kurve ist eine aktualisierte statistische Auswertung der sibirischen Yamal-Rohdaten, die kürzlich von Steve McIntyre durchgeführt wurde. Abbildungsquelle: WUWT.

 

 

Abbildung 4: Temperaturentwicklung der Nordural-Region (Yamal) für die vergangenen 130 Jahre basierend auf Thermometermessungen (links) und Baumringen (rechts). Der angebliche starke Temperatur-Anstieg ab 1980 gemäß Baumringen ist in nur einem einzigen untersuchten Baum verwirklicht, während alle anderen Bäume einen viel flacheren Verlauf zeigen. Abbildungsquelle: Tallbloke’s Talkshop.

 

Auch der ereignislose Schaft des Hockeyschlägers existiert in Sibirien mittlerweile nicht mehr. Es stellte sich heraus, dass der ursprünglich verwendete Datensatz eines russischen Wissenschaftler-Duos fehlerhaft war und mittlerweile in überarbeiteter Form vorlag. Nun war plötzlich die Mittelalterliche Wärmeperiode und die Kleine Eiszeit wieder gut in Sibirien zu erkennen. McIntyre bekam den überarbeiteten Datensatz dankenswerterweise direkt von den russischen Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt (siehe Artikel von Andrew Montford sowie sein ausgezeichnetes Buch „The Hockey Stick Illusion“). 

Kommissar McIntyre hat damit offenbar einen weiteren Fall in der unsäglichen Hockey-Stick-Saga gelöst. Über das Verhalten des an dieser Episode beteiligten IPCC-Leitautors muss man sich große Sorgen machen. Wie konnte es zu diesem fragwürdigen Verhalten kommen? Man könnte fast meinen, dass hier Daten passgenau für ein bereits vorher feststehendes Ergebnis zurechtmassiert wurden. 

Zwischenzeitlich äußerte sich auch Michael Mann zu den Yamal-Daten. Er versucht sie nun als nahezu „irrelevant“ für die entsprechenden Rekonstruktionen darzustellen, was jedoch wenig plausibel erscheint. Ein herber Rückschlag für das Hockey Team.

 

Siehe auch Beiträge auf WUWT (24.5.2012), WUWT (29.5.2012) und National Review Online.
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