Fritz Vahrenholt: „Die kalte Sonne“ wurde zum Markenzeichen des Widerstands gegen eine politisch indoktrinierte Wissenschaft

In diesen Tagen erscheint „Die kalte Sonne“ erstmals in englischer Sprache. Unter dem Titel „The Neglected Sun“ bringt Stacey International eine überarbeitete und um ein neues Kapitel ergänzte Version des Buches in seiner Independent Mind Serie heraus. Die erste Auflage war schnell ausverkauft, so dass mittlerweile bereits eine zweite Auflage im Handel ist. Die Übersetzung wurde von Pierre Gosselin angefertigt, der jetzt in seinem Blog Notrickszone.com anlässlich des Book Launch ein längeres Interview mit Fritz Vahrenholt in englischer Sprache führte. Anbei das Interview in der deutschen Fassung:

 

NOTRICKSZONE.COM: Sie waren ein Anhänger der Theorie, dass das menschengemachte CO2 unweigerlich zu einer Klimakatastrophe führen würde. Wie kam es zu Ihrem Umdenken?

VAHRENHOLT: Bis 1998 war ich ja Umweltsenator und hatte keinen Zweifel an der AGW Hypothese, denn die globalen Temperaturen verliefen ja tatsächlich parallel zum CO2-Ausstoß. Erste Zweifel an der Wissenschaftlichkeit des IPCC kamen mir mit den dramatisierenden Fehlern des 4. Berichtes. Schellnhuber erklärte damals im deutschen Fernsehen, dass bis 2035 der Himalaya Gletscher hinweggeschmolzen sei. Dann machte ich in meiner unternehmerischen Tätigkeit  – ich war als Vorstand von Shell, als CEO von Repower Systems und zuletzt von RWE Innogy mit der Entwicklung der Erneuerbaren Energien befasst – die Erfahrung, dass  natürliche Ursachen unser Klima beeinflussen. Denn wir stellten fest, dass die Windstärke in Nordwesteuropa von Jahr zu Jahr zurückging. Die Klimaforscher hatten uns weisgemacht, dass der Wind eher zunehmen würde. Ich ging den Dingen auf den Grund und konnte einen Zusammenhang mit der nordatlantischen Oszillation feststellen, die in einem 60 jährigen Zyklus nun in ihre schwache Phase getreten war. Ich schrieb darüber in deutschen Zeitungen und Stefan Rahmstorf brandmarkte mich als Klimaleugner. Das stachelte mich erst recht an, den Dingen auf den Grund zu gehen. Wenn Sie so wollen, Schellnhuber und Rahmstorf haben mich zum Skeptiker gemacht.

Ihr Buch „Die kalte Sonne“ erschien in Deutschland Anfang letzten Jahres. Es war drei Wochen lang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Hat es die Diskussion in Deutschland verändert? Waren Sie über die Reaktionen in der deutschen Öffentlichkeit überrascht? 

Dass  linksliberale Medien mich zum „Öko-reaktionär“ abstempelten, der längst „überholte Thesen“ vertritt, war zu erwarten. Überrascht war ich über die harsche Reaktion der deutschen Klimawissenschaftler, die nicht einmal bereit waren, mit mir über die Thesen unseres Buches zu diskutieren. Doch je länger unser Buch auf den Bestsellerlisten stand und je anhaltender die Erwärmungspause anhielt, umso mehr lief die Taktik der Gegenseite – erst ignorieren, dann mit persönlichen Diffamierungen zu isolieren – ins Leere. „Die kalte Sonne“ wurde zum Markenzeichen des Widerstands gegen eine politisch indoktrinierte Wissenschaft, die natürliche Prozesse leugnete, die Angst verbreitet, um eine Energiepolitik zu befördern, die Wohlstand und Wachstum der deutschen Industriegesellschaft gefährdet. Insofern war es fast wie ein Ritterschlag, als mich Kanzler Helmut Schmidt zu sich einlud, weil er mehr über die „kalte Sonne“ erfahren wollte. Ich darf ihn nun zitieren: „Lünings und Vahrenholts Thesen sind nachvollziehbar“. Schatzkanzler Nigel Lawson lud mich nach London ein und ermutigte mich, das Buch in englisch populär zu machen. Und nun erscheint diese Woche „The neglected sun“  – die kalte Sonne in aktualisierter Fassung.

Kohlendioxid soll zu einer Anstauung von Wärme in der Atmosphäre führen, jedoch hat sich die Temperatur der Atmosphäre in den letzten 200 Monaten (=16 Jahren) nicht mehr erhöht. Wo ist all diese angeblich angestaute Wärme hingegangen? Einige führende Wissenschaftler sind mittlerweile frustriert darüber, diese Wärme nicht identifizieren bzw. beweisen zu können. Was ist Ihre Meinung hierzu?

Die IPCC-Modelle spiegeln offensichtlich die Entwicklung der Atmosphärentemperaturen nicht korrekt wieder. Was ist falsch: die Wirklichkeit oder die Modelle? Die wohlfeile Erklärung  der Erwärmung der Tiefsee jenseits von 700 Metern für die fehlende Erwärmung ist bisher nicht bewiesen. Wie überspringt eine Erwärmung durch Klimagase 700 Meter Meerestiefe? Betrachtet man die Unsicherheiten der Messungen in der Strahlungsbilanz der Erde an der Obergrenze der Atmosphäre und die der Temperaturänderungen in Wassertiefen unter 700m (dort geht es um Änderungen von wenigen hundertstel Grad Celsius über viele Jahre) ist eine solche „fehlende Erwärmung“ heute nicht gesichert. Wahrscheinlicher ist: es gibt keine „fehlende Erwärmung“. Leichte Änderungen in der Wolkenbedeckung können einen ähnlichen Effekt bewirken. Das wäre das Aus für die alarmistische CO2-Theorie. Vielleicht beschäftigt man sich deswegen eher mit Spekulationen um die Tiefsee. Andererseits zeigt diese Diskussion, dass auch die alarmistische Fraktion sich stärker mit ozeanischen Zyklen beschäftigen muss. Möglicherweise ist dies ein Schritt in Richtung Anerkennung des zentralen Einflusse von PDO und AMO auf das Klimageschehen.

98% aller Klimamodelle haben den Erwärmungsstopp nicht vorhergesehen und sind daher fehlerhaft. Befürchten Sie, dass der Ruf der führenden klimawissenschaftlichen Institute Schaden nehmen könnte, wenn die Fachwelt nicht in Kürze die unübersehbaren Probleme mit den Modellen einräumt?

Sie stecken in einer selbstgebastelten Falle. Daher versuchen sie erst einmal Zeit zu gewinnen, in dem sie proklamieren, dass die Modelle erst falsifiziert seien, wenn die prognostizierte Erwärmung 30 Jahre ausbleiben würde. Zwar hat Santer vor einigen Jahren die magische Zahl von 17 Jahren ausgegeben, um einen Klimatrend angeben zu können und bei der Erwärmung von 1977 bis 1998, waren es gerade 22 Jahre, die genügten, die CO2 Hypothese zu „beweisen“, aber jetzt schwant einigen, dass die Realität den Modellen den Boden unter den Füßen wegzieht. Der eine oder andere hofft sehnlichst nach einem El Nino-Jahr, so dass dann wieder die Trommeln der Angst gerührt werden können. Sie werden jeden außergewöhnlichen Wetter-Effekt aufblasen, um wieder gehört zu werden. 

Einige prominente Klimawissenschaftler schwenken derzeit in der Diskussion um und halten es bereits für möglich, dass die Klimawirkung des CO2 zu stark angenommen wurde. Hierzu gehören z.B. Hans von Storch und Lennart Bengtsson. Erwarten Sie, dass in den kommenden Monaten weitere Experten zu einer Neubewertung kommen werden?

Selbstverständlich.  Das ist das faszinierende an Wissenschaft, dass sie Theorien aufstellt und wenn sie sich mit der Realität nicht zur Deckung bringen lassen, offen für Veränderung ist. Die Spreu trennt sich vom Weizen. 

Der Spiegel veröffentlichte in letzter Zeit mehrere Artikel, in denen die Klimawissenschaften kritisch beleuchtet wurden. Erwarten Sie, dass weitere Medien demnächst folgen und realistischer über das Thema berichten werden?

Dieser Prozess ist in vollem Gange. Doch es wird lange dauern, denn eine ganze Generation hat das Mantra des allein bestimmenden Klimakillers CO2 eingeimpft bekommen. Aber: Die schrillen Töne nehmen ab.

Welche wirtschaftlichen Folgen sind für Deutschland zu erwarten, sollte der überstürzte Kurs der Energiewende auf Grundlage einer klimaalarmistischen Begründung anhalten?

20 Milliarden € werden  jedes Jahr in Deutschland für Erneuerbare Energien von den Stromkunden bezahlt. Das macht zurzeit 200 € im Jahr pro Haushalt aus. Zudem ist dies eine gigantische Umverteilung von unten nach oben, von den kleinen Leuten, die sich kein Solardach leisten können, nach oben zu den Solardachbesitzern. Der Bundesumweltminister befürchtet sogar eine Belastung aller Stromkunden von 1000 Mrd.€ bis 2040. Es ist doch haarsträubend, wenn 40 % der Welt-Photovoltaik-Kapazität im Sonnenland Deutschland steht, das eine solare Einstrahlung hat wie Alaska, dass wir Weizen zu Benzinsprit brennen und anderen Völkern den Weizen wegnehmen, dass wir zur Erzeugung von Biogas eine Vermaisung der Landschaft auf 20 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche hinnehmen und dadurch die Tierwelt beeinträchtigen, ebenso wie wir in Deutschland Windkraftwerke in den Wald bauen und dort die Natur zerstören. Dass wir an windreichen Tagen soviel Strom haben, dass er uns aus den Ohren kommt und wir die Windkraftwerke abstellen müssen, den nicht produzierten Strom aber trotzdem bezahlen müssen oder wir verschenken den  Strom an unsere Nachbarländer mit negativen Strompreisen. Und bei Windstille und des Nachts, wenn bekanntlich die Sonne nicht scheint, Strom aus dem Ausland beziehen müssen? Am Ende bezahlen wir alle mit dem Verlust industrieller Arbeitsplätze, weil die Stromkosten uns aus dem Wettbewerb werfen. Hier haben die Scharfmacher der Klimaforschung Deutschland einen Bärendienst erwiesen. Die Erneuerbaren haben eine große Zukunft aber doch nicht so, zu schnell und zu teuer. Damit gefährden wir den Industriestandort Deutschland. Dabei gibt uns doch die Sonne die Zeit, den Umbau der Energieversorgung vernünftig und mit Augenmaß vorzunehmen

Ist das Wetter extremer geworden? Wie ist zu erklären, dass uns die Medien mit entsprechenden Berichten bombardieren, und selbst nach einem normalen Gewitter mit Hagel zwanghaft den Zusammenhang mit dem Klimawandel sucht? 

Wir sehen, dass sich das arktische Meereis wieder erholt hat, in der Antarktis ist die Eisausbreitung so groß wie seit langem nicht mehr, die Hurrikans haben nicht zugenommen, die Tornados ebensowenig, es gibt einen Meeresspiegelanstieg von 2-3 mm, aber keine Veränderung des Anstiegs, die globale Temperatur stagniert seit 15 Jahren. Ja, der Mensch ist den Kapriolen des Wetters ausgesetzt. Wenn ihm eine einfache Erklärung gegeben wird, die heißt, der Mensch ist schuld, folgt er dieser gerne. Keine Frage: CO2 hat eine die Erde erwärmende Wirkung. Doch dieser Effekt ist bei weitem überzeichnet worden. Die Klimawirksamkeit des CO2 ist allenfalls halb so groß wie uns Klimaalarmisten glauben machen wollen. Daher sagen wir auch in der Kalten Sonne: die Klimakatastrophe findet nicht statt.

Was erwarten Sie vom in Kürze erscheinenden 5. Klimazustandsbericht des Weltklimarats IPCC?

Es ist ja schon bemerkenswert, dass einige Nationen darauf drängen, dass in die summary for policymakers Begründungen für den Temperatur hiatus aufgenommen werden. Die Unzufriedenheit mit der Einäugigkeit des IPCC wächst. Aber machen wir uns nichts vor: Medien werden sich in den nächsten Tagen und Wochen der Katastrophen-hype des IPCC nicht entziehen können. Aber anders als nach den ersten vier Berichten wird sich das sehr viel schneller legen. Wer die Natur und deren Schwankungen ignoriert wird schnell ins Abseits geraten. Ich schätze, es wird der letzte Bericht dieser Machart gewesen sein.

 

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