Eingeschränktes Spektrum in Spektrum der Wissenschaft

In der April 2012-Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft (SdW) veröffentlichte jetzt der Wissenschaftsjournalist Sven Titz eine Rezension unseres Buches „Die kalte Sonne“. Titz berichtet schon seit längerem über den Klimawandel, zeigte dabei aber nicht immer ein glückliches Händchen. So führte er 2010 für das gleiche Magazin ein legendäres Interview, in dem er den Klimaforscher Gerald Haug von der ETH Zürich, ohne kritisch nachzuhaken, seltsame Dinge sagen ließ. Haug verstieg sich damals u.a. zu der fragwürdigen Behauptung, das Klima hätte sich in der Erdgeschichte noch niemals so schnell geändert wie heute. Auch suggerierte er den Lesern, die Erwärmung seit dem Ende der Kleinen Eiszeit sei fast vollständig auf anthropogene Treibhausgase zurückzuführen, wobei er natürliche Klimafaktoren unterschlug. Kalte-Sonne Co-Autor Lüning machte Spektrum der Wissenschaft damals auf die Diskrepanzen aufmerksam, woraufhin das Magazin fairerweise eine ganze Seite für die Diskussion in einem Nachfolgeheft zur Verfügung stellte.  Hätte Titz im Interview sorgfältiger nachgefragt, wäre den SdW-Lesern so manche Überraschung erspart geblieben.

Offensichtlich hatte sich Titz den Vorfall zu Herzen genommen, da er in der Folgezeit wieder deutlich kritischer über die Klimawissenschaften berichtete. So griff er im März 2010 für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) die Entdeckung peinlicher Fehler im Weltklimarats-Bericht auf und schrieb knapp ein Jahr später in der gleichen Zeitung ein kritisches Stück zur diskreditierten Hockeyschlägerkurve von Michael Mann.

Da wundert es dann schon, wie Titz in der zweiten Hälfte seiner aktuellen Rezension unseres Buches in alte zweifelhafte Muster zurückfällt. Er beginnt seinen Text vielversprechend und schließt eine größere Bedeutung natürlicher Klimafaktoren nicht aus. Dabei diskutiert er wichtige Klimamechanismen wie die Sonne und Ozeanzyklen in einer relativ ausgewogenen Weise. Insbesondere dem CERN-Experiment zum Svensmark-Solarverstärker widmet er Platz, was nicht verwundert, weil Titz über die vielversprechenden Zwischenresultate positiv in der NZZ berichtet hatte.  

Dann jedoch holt Titz die Axt aus dem Keller. Der Stachel von früher scheint noch tief zu sitzen. Titz: 

„Das grundsätzliche Problem des Buchs liegt darin, dass Vahrenholt und Lüning sich nicht gut genug in der Klimaforschung auskennen. Daher stolpert man über viele Ungenauigkeiten, Missverständnisse und Fehler.“

Das ist nun wirklich seltsam. Hat Titz dieses fragwürdige Scheinargument wirklich nötig? Sowohl Vahrenholt als auch Lüning haben eine umfangreiche naturwissenschaftliche Ausbildung genossen, und das auch noch in zwei Kerndisziplinen der Klimawissenschaften, der Chemie und den Geowissenschaften. Beide sind es aufgrund ihres Hintergrunds gewohnt, fächerübergreifend und kritisch hinterfragend zu denken, was im Gegenzug nicht unbedingt auf jeden in den „Klimawissenschaften“ beschäftigten Spezialisten zutrifft. Was qualifiziert den Meteorologen Titz eigentlich dazu, sich ein solches Urteil zu erlauben?  Bei einem direkten Vergleich der Publikationen in begutachteten Zeitschriften würde Titz vermutlich den Kürzeren ziehen. Wird man eigentlich als Klimawissenschaftler geboren? Dürfen nur diejenigen sich zu Wort melden, die sich nach der Schule für ein Studium in den Klimawissenschaften entschieden haben, aus welchen Gründen auch immer? Will meinen, sind alle anderen, die sich zufällig für andere interessante (z.B. andere naturwissenschaftliche) Fächer entschieden haben, weniger intelligent und von vorneherein ungeeignet, sich mit der wichtigen Frage der Klimaentwicklung zu beschäftigen? Ist das Fachgebiet wirklich so unheimlich kompliziert, gibt es gar eine unsichtbare Hochtechnologie-Mauer, die die Wissenden des abgeschotteten Establishments von den hoffnungslosen Amateur-Pfuschern trennt? Unwahrscheinlich.  

Zu den uns unterstellten „Ungenauigkeiten, Missverständnissen und Fehlern“ äußert sich Titz im Prinzip nicht näher. Er klammert sich verzweifelt an die vom IPCC prognostizierten 0,2°C Erwärmung pro Dekade, obwohl nun bereits seit 12 Jahren kein einziges Zehntelgrad dazugekommen ist. Was er verschweigt: In den letzten 150 Jahren hat es mehrere Episoden mit einer ähnlichen Erwärmungsrate gegeben (siehe Abbildung unten), etwa 1860-1880, 1910-1940 und 1977-2000. Dazwischen stagnierte oder fiel die Temperatur. Mittelt man über den gesamten Zeitraum kommt eine entsprechend geringere Erwärmungsrate heraus. Wie plausibel ist es dann eigentlich, eine langfristige Erwärmungsrate von 0,2°C pro Dekade anzunehmen? Das bleibt das Geheimnis von Sven Titz.

 

Abbildung: Temperaturentwicklung und Erwärmungsraten der letzten 150 Jahre. Die Erwärmungsrate 1977-2000 entspricht statistisch derjenigen der Erwärmungsphasen 1860-1880 und 1910-1940 (Abbildung aus „Die kalte Sonne“, verändert nach IPCC AR4).

 

Titz behauptet weiterhin, wir hätten im Buch die mangelhafte Güte der Klimamodelle hinsichtlich der Ozeanzyklen nicht richtig herausgearbeitet. Das Gegenteil ist der Fall. Wir weisen ausdrücklich daraufhin, dass es in der Vergangenheit deutlich ausgeprägte Zyklen (PDO, AMO, NAO) gegeben hat und diese in empirisch gut belegter Weise die globalen Temperaturen beeinflusst haben. Natürlich tauchen die Zyklen im Bericht auf, werden dort aber quasi als unvorhersagbares Rauschen behandelt, ohne systematischen Einfluss auf die Temperaturgestaltung. Hätte der IPCC die Ozeanzyklen konsequent und korrekt in seine Modelle eingebunden, so wäre ihm aufgefallen, dass wohl etwa zwei Zehntelgrad Erwärmung zwischen 1977-2000 auf den damals ansteigenden Trend der PDO (im Zusammenwirken mit der AMO) zurückzuführen war. Da dies aber die CO2-Klimawirkung geschmälert hätte, ignorierte man den Effekt kurzerhand in den Klimamodellen. Mojib Latif wies vor einigen Jahren darauf hin, dass der mittlerweile abfallende Trend der Ozeanzyklen die Erwärmung für eine Weile unterbrechen wird. Und Latif behielt recht. Im Gegensatz dazu hat kein einziges der simpel gestrickten IPCC-Modelle den Erwärmungsstop vorhergesehen. Sicherlich kein Qualitätsmerkmal, das Vertrauen schafft.

Titz findet es „bedauerlich, dass dieses mängelbehaftete Buch so viel Aufmerksamkeit gefunden hat.“ Genau das werden sich die Ersteller der gescheiterten IPCC-Klimamodelle auch gedacht haben. Denn wer wird schon gerne auf seine Fehler hingewiesen, zudem noch von zwei querdenkenden Naturwissenschaftlern, die sich doch eigentlich – rein theoretisch – gar nicht gut genug in der Klimaforschung auskennen dürften… Dass dahinter viele tausende andere Wissenschaftler und naturwissenschaftlich Interessierte stehen, die das Klimatreiben des IPCC ebenfalls skeptisch verfolgen, ist für Titz keine Zeile wert.

Teilen: