Die Sonne im Juni 2017 und ein Modell-Harakiri

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Die Sonne war auch im vergangenen Monat recht gering aktiv, vergleicht man die Flecken-Aktivität  mit dem langjährigen Mittelwert aller Zyklen seit 1755. Die festgestellte SSN (SunSpotNumber) betrug 19,4. Die Sonne produzierte  damit nur etwa 35% des Mittelwertes in diesem Zyklusmonat, sehr ähnlich zum Vormonat Mai 2017. Interessant war, dass alle Sonnenflecken des Junis auf der Nordhemisphäre der Sonne beobachtet wurden, nicht ein einziger auf der Südhemisphäre. Das sah im Mai etwas anders aus, hier traten immerhin 23% aller Flecken im Süden auf.

Abb.1: Der Vergleich des aktuellen Zyklus (SolarCycle) 24 –rot- mit einem mittleren Zyklus (errechnet aus den monatlichen Mittelwerten von Zyklus 1 bis Zyklus 23)-blau- und dem seit vielen Monaten recht ähnlichen Zyklus 5-schwarz-.

 

Der Vergleich der einzelnen Zyklen untereinander:

Abb.2: Die aufsummierten monatlichen Abweichungen vom Mittelwert der SSN (blau in Abb.1) für die einzelnen Zyklen.

 

Es ist gut zu erkennen, dass  der aktuelle Zyklus (im Juni 2017 waren  103 Monate seit seinem Start im Dezember 2008 vergangen) ein sehr deutliches Manko in der Fleckenaktivität aufweist, vergleichbar nur mit den Zyklen 5,6 und 7 im Dalton-Minimum zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Nach dem, was wir heute wissen, sollte der Zyklus 25 nicht bedeutend aktiver werden, mit numerischen Vorhersagen halten wir uns weiterhin zurück, da der Fehler in den Beobachtungen der polaren Felder der Sonne ab Dezember 2016 wohl noch nicht justiert ist. Wir hatten darüber berichtet.

 

Modelle und Wirklichkeit, sehr oft zwei verschiedene Welten

Bereits im Vormonat hatten wir über Hinweise berichtet, dass Wolken insgesamt wohl kaum einen sehr hoch  verstärkenden  Einfluss auf den CO2-Antrieb haben (Iris Effekt). Einen etwas anderen Aspekt des Klimageschehens untersuchte diese Arbeit: den Unterschied in der Temperaturentwicklung der Nordhemisphäre (NH)  der Erde zu dem der Südhemisphäre (SH). Es gibt in dieser Größe einige Umschwünge und seit den 80er Jahren eine zunehmende Erwärmung der NH. Die Entwicklung fasst diese Abbildung der Arbeit zusammen:

Abb. 3: Die Entwicklung der Differenz zwischen SH und NH (NH wärmer bedeutet also negative Werte der Ordinate) in den Beobachtungen (schwarz) und in Modellen (rot, blau, grün). Quelle: Fig. 5 aus Fung et.al.

 

Die gesamte Studie der beiden Autoren versucht die Ursachen der Entwicklung mithilfe der „CMIP5“  genannten Modellfamilie ( für den 5. Sachstandbericht des IPCC)  zu finden und kommt zu dem Schluss: Nach Ansicht der Autoren  liegt die unterschiedliche Entwicklung auf der Nord- und Südhemisphäre  vor allem an einem speziellen Aerosol- Antrieb, der der Erwärmung durch Treibhausgase in den Modellen entgegen wirkt: Die Auswirkungen der menschgemachten Aerosole (Staub, Sulfate etc.)  auf Wolken. Vor allem Schwefeldioxid (SO2)  verlängert im Modell die Lebensdauer von Wolken und schafft zusätzliche Kondensationskeime, die zu mehr tiefen Wolken führen, die wiederum die Sonneneinstrahlung reduzieren und damit kühlen. Wohlgemerkt, dies ist nicht aus Beobachtungen und Experimenten empirisch abgeleitet worden sondern aus  Modellrechnungen,  man spricht dort von „Aerosol-Cloud-Interactions“.

Diese sollen sehr weitgehend die Unterschiede zwischen den Temperaturen der NH und der SH bestimmen, denn die Autoren folgern:

„Models with larger cloud responses to aerosol forcing are found to better reproduce the observed interhemispheric temperature changes and tropical rain belt shifts over the twentieth century, suggesting that aerosol–cloud interactions will play a key role in determining future interhemispheric shifts in climate.”

Eine Schlussfolgerung die zunächst nahe liegt,  wenn man versucht, die Klimawelt mit Modellen zu erklären. Nur können diese nicht viel mit der realen Welt zu tun haben, wie zwei neue Arbeiten zeigen. Der Kommentar von Björn Stevens macht es schon in der Überschrift deutlich, das Wort-Reimspiel ist in Englisch treffender als die deutsche Übersetzung: „Clouds unfazed by haze“, also  Wolken vom Dunst unbeeindruckt. Das Team um Florent F. Malavelle von der Universität Exeter hat versucht, die „aerosol-cloud interaction“  in der realen Welt zu bestimmen mithilfe eines Vulkanausbruches, der einen SO2- Ausstoß sehr ähnlich zu einem menschgemachten Anstieg dieser Aerosole produzierte. Das Ergebnis ist recht eindeutig: Es gibt diese Interaktion in der realen Welt schlicht kaum oder gar nicht.

Stevens  fasst das so zusammen:

„Until now, however, the biggest surprise has been how hard it is to find compelling physical evidence for strong aerosol forcing.” ­

Er betont die sich daraus ergebenden großen  Probleme für Klimamodelle. Viele davon lassen nämlich einen starken  (kühlenden) Aerosol- Antrieb stets gegen die Erwärmung durch Treibhausgase arbeiten, um die beobachteten Temperaturverläufe mit einer hohen Empfindlichkeit gegenüber CO2 unter einen Hut zu bringen. Anders ausgedrückt: Eine hohe Klimawirkung von CO2 ist in Modellen nur dann mit den Beobachtungen einigermaßen darstellbar,  wenn Aerosole im Gegenzug eine entsprechend starke abkühlende Wirkung haben.

Eine wichtige Säule dieses „kompensierenden Dunstes“ ist wohl kaum mehr zu halten denn Stevens schlussfolgert am Ende:

“Unless this changes, in so far as aerosols are concerned, it seems that there is little to fear from clearing the air.”

Auch wenn wir die Luft global reiner machen brauchen wir uns nicht vor einem kräftigen Anstieg in der Erwärmung dadurch zu fürchten. Der (negative) Aeorosol- Antrieb auf unser Klima ist deutlich geringer als viele Modelle annehmen. Daraus folgt unmittelbar, dass die Empfindlichkeit gegenüber Treibhausgasen (insbesondere CO2) geringer sein muss. Die Schlussfolgerungen von Fung et.al (2017)  für das reale Klima können also nicht richtig sein. Sie zeigen vielmehr erneut indirekt, wie schlecht Modelle geeignet sind, unsere reale Klimawelt zu erklären indem sie einen Modelleffekt für die Beobachtungen hauptverantwortlich machten, den es in der realen Klimawelt so schlicht nicht gibt, wie wir jetzt wissen. Versuchen wir also, die Entwicklung der Differenz der Temperaturanomalien zwischen SH und NH anders zu erklären:

Abb. 4: Die interhemisphärische Differenz (NH-SH, positive Werte zeigen eine wärmere NH an) und die AMO (Meerestemperatur-Anomalien des  Nordatlantiks 25°N…65°N; 70°W…7°W), beides mit einer 11- Jahresglättung.

 

Die Umschwünge scheinen Ausdruck der internen Variabilität zu sein wie sie sich auch in der AMO niederschlägt. Ein wenig Antrieb durch die Erwärmung insbesondere nach 1990 ist auch dabei: auf der NH gibt es mehr Land und das erwärmt sich stärker, als das viele Wasser der SH. Übrigens nicht etwa durch die geringere Wärmekapazität von Land, sondern dadurch, dass es über Land weniger Feuchtigkeit gibt, deren Erwärmung mehr Energie benötigt. Und ein gut Teil Land der SH,  die Antarktis, erwärmt sich praktisch gar nicht, aus mehreren Gründen, wir hatten darüber hier  berichtet. Die Unterschiede zwischen SH und NH in den Temperaturanomalien werden also wachsen bei weiterer Erwärmung, nur bedeutend geringer als die Modelle erwarten.

Also wird es wohl wieder nichts mit hohen Werten für die Klimasensivität gegenüber Treibhausgasen, wie sie das Modellmittel errechnet. Ein großer Teil des angenommenen (negativen) Aerosol- Antriebes ist schlicht interne Variabilität. Damit freilich stehen die Modelle auf Kriegsfuß und laufen auch deshalb zu heiß.

 

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