Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: Es gibt in Norddeutschland nicht mehr Sturmfluten als vor 50 Jahren

Sturmfluten richten an deutschen Küsten immer wieder große Schäden an. Die Stürme lassen den Meeresspiegel dann kurzfristig stark anschwellen. Vertreter der harten Klimalinie warnen, dass der Meeresspiegelanstieg die Sturmflutgefahr weiter steigern könnte. Was ist dran an diesem Szenario?

Schleswig Holstein ist eines der deutschen Küstenländer. Die Plattform shz.de meldete am 27. Oktober 2017 Ermutigendes:

Klimaforscher: Sturmfluten bis 2050 keine Gefahr für Norddeutschland
Die wegen des Meeresspiegelanstiegs vermutlich häufiger auftretenden leichten Sturmfluten werden nach Ansicht des Hamburger Klimaforschers Hans von Storch bis 2050 keine Gefahr für Norddeutschland darstellen.

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Das ist auch erfreulich, da von Storch fünf Jahre zuvor auf der selben Plattform noch das Jahr 2030 als Gefahrenpunkt genannt hatte. Auch 2014 ein realistischer Artikel auf shz.de:, der Flussvertiefung und Küstenschutzbaumaßnahmen als Probleme thematisiert:

„Sturmfluten auch ohne Klimawandel gefährlich“
Vor einem Jahr bescherte Orkantief „Xaver“ dem Norden eine der schwersten Sturmfluten der vergangenen Jahre. Am Pegel St. Pauli wurde sogar der zweithöchste Stand seit 1976 gemessen. War „Xaver“ also ein außergewöhnliches Wetterphänomen? „Das war ein wirklich schwerer Sturm, aber schwere Stürme gehören zu Hamburg dazu“, sagt der Direktor des Helmholtz-Zentrums Geesthacht, Hans von Storch. Allerdings habe die Höhe der Sturmfluten von 1962 bis ungefähr 1990 deutlich zugenommen. Das liege aber nicht an stärkeren Stürmen infolge der Klimaveränderung. Ein anderer, von Menschen gemachter Faktor sei der Grund dafür: Wegen der Fahrrinnenvertiefungen und Baumaßnahmen zum Küstenschutz passieren die Wassermassen sehr viel leichter die Elbe.

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Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung:

Sturmfluten waren schon immer gefährlich

Sturmfluten waren schon immer gefährlich, auch ohne Klimawandel. Dies zeigt auf bedrückende Weise die schwere Sturmflut vom 16./17. Februar 1962, bei der allein in Hamburg über 300 Menschen gestorben sind. In den nachfolgenden Jahren wurde viel in den Küstenschutz investiert. Mit Erfolg, denn größere Schäden sind seitdem nicht mehr aufgetreten, obwohl inzwischen Sturmfluten mehrfach höher aufliefen, als im Februar 1962.

Viele Bewohner Norddeutschlands wissen jedoch nicht, dass sie in einem Gebiet wohnen, das heute jeden Winter vor Sturmfluten und oft sogar jeden Tag vor dem normalen Hochwasser geschützt wird. Einen hundertprozentigen Schutz können Deiche jedoch nie leisten. Küstenbewohnern muss deshalb das Sturmflutrisiko bewusster werden, damit Schutzmaßnahmen akzeptiert und das vorhandene Restrisiko verringert werden kann.

Welches Wohngebiet wird durch Küstenschutz geschützt? „Derzeit würden etwa 4,8 Mio. Bewohner Norddeutschlands zweimal täglich nasse Füße bekommen, wenn es keine Deiche geben würde. Durch den Küstenschutz wähnen sie sich oft fernab von Ebbe und Flut“, sagt Dr. Insa Meinke, Leiterin des Norddeutschen Klimabüros am Helmholtz-Zentrum Geesthacht. „Damit den Menschen bewusster wird, wie wirksam sie heute durch Deiche geschützt werden und wie sich der Küstenschutzbedarf künftig ändern kann, haben wir eine neue Webseite entwickelt, die Entscheidungsträgern, Planern und Bewohnern Forschungsergebnisse über Klimawandel, Sturmfluten und Küstenschutz zur Verfügung stellt“, erläutert Meinke weiter.

Unter www.kuestenschutzbedarf.de erhalten Nutzer Hintergrundwissen zum Thema Nordseesturmfluten im Klimawandel. Auf einer interaktiven Karte erfahren sie, ob ihr Wohngebiet heute durch Küstenschutzmaßnahmen vor Sturmfluten geschützt wird. Dafür wurden die Wasserstände der Sturmflut vom 16./17. Februar 1962 zu Grunde gelegt. Wohngebiete und einzelne Regionen können über Postleitzahlen oder durch eine Zoomfunktion ausgewählt werden.

Klimawandel kann Nordsee-Küstenschutzgebiet um etwa zehn Prozent vergrößern
Bis Ende des 21. Jahrhunderts können hohe Sturmfluten durch den Meeresspiegelanstieg und durch ein möglicherweise verändertes Windklima bis zu 1,10 Meter höher auflaufen, als beispielsweise die Sturmflut im Februar 1962. Bei solch hohen Wasserständen würde sich das vor Nordseesturmfluten zu schützende Gebiet von derzeit etwa 10.800 Quadratkilometern um etwa zehn Prozent vergrößern. Entscheidend für die Wirksamkeit des Küstenschutzes sind flexible Schutzstrategien, die unter Beteiligung und Information der Bevölkerung geplant und umgesetzt werden müssen. Auf der neuen Website des Norddeutschen Klimabüros können sich Besucher anzeigen lassen, ob ihr Wohngebiet möglicherweise Ende des 21. Jahrhunderts vor hohen Sturmfluten geschützt werden muss.

Lesetipps: Papers von Hans von Storch „Meeresspiegel und Sturmfluten an der Nordseeküste“ und „Nordseesturmfluten im Klimawandel„.

Julia Ranniko erinnerte in der Welt an die schlimme Stumflut 1962. Die Flut war auch Thema in einem lesenswerten Beitrag von Wolfgang Röhl auf achgut.com. Bilder auf ndr.de.

Die schlimme Sturmflut von 1962 ist nun zum Glück schon ein paar Jährchen her. Gibt es einen Trend zu verstärkten Sturmfluten in Deutschland? Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) machte hierzu 2007 eine klare Aussage:

Es gibt in Norddeutschland nicht mehr Sturmfluten als vor 50 Jahren. Ein generell steigender Trend bei der Häufigkeit und Intensität von Sturmfluten als Vorbote des globalen Klimawandels ist gegenwärtig nicht erkennbar. Dies ist das Fazit, das Wissenschaftler des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) am Mittwoch in Hamburg zogen. Sie nutzten die Ruhe vor dem Sturm der bevorstehenden Hochsaison im Wasserstandsvorhersagedienst, um über Sturmfluten, die Grenzen ihrer Vorhersagbarkeit und langfristige Entwicklungen zu informieren.

Nach Angaben von Dr. Sylvin Müller-Navarra, BSH-Sturmflutexperte, sei zwar in den letzten 40 Jahren eine jahreszeitliche Verschiebung der Sturmflut-Aktivitäten vom Herbst hin zu den Wintermonaten Januar bis März zu beobachten. Doch dabei handle es sich nicht um durch den Klimawandel beeinflusste Schwankungen, sondern vermutlich um eine natürliche Variabilität, zeigte sich Müller-Navarra überzeugt.“

Am Pegel Norderney kann man schön sehen, dass weder Zahl noch Stärke der Nordsee-Sturmfluten seit 1910 nicht zugenommen hat. Auch lesenwert: Michael Palmer beschrieb auf WUWT die Geschichte der Sturmfluten an den Nordseeküsten.

 

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