Stellungnahme von Fritz Vahrenholt zum Entwurf des Klimaschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Im Rahmen einer Anhörung zum Entwurf des Klimaschutzgesetzes der GRÜNEN gab Fritz Vahrenholt am 3. September 2014 im Landtag Sachsen-Anhalt folgende Stellungnahme ab:

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Stellungnahme
zum Entwurf des Klimaschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt – Gesetzentwurf Fraktion Bündnis90/Die GRÜNEN

von Prof. Dr. Fritz Vahrenholt
Alleinvorstand der Deutschen Wildtier Stiftung,Hamburg

1. Problem und Regelungsbedarf

Der Entwurf des Gesetzes geht davon aus, dass die globale Erwärmung ihre Ursache allein in den anthropogen verursachten CO2-Emissionen hat. In der Tat ist seit Mitte des 18. Jahrhunderts ein Temperaturanstieg zu verzeichnen, besonders ausgeprägt von 1977 bis  1998 mit 0,5 ° C. Der Gesetzentwurf folgert daraus, dass nur durch ein dramatisches Absenken der CO2-Emissionen ein globaler Temperaturanstieg auf 2°C begrenzt werden könne. Daher wird gefordert, die Emissionen in Sachsen-Anhalt bis 2050 auf 10% der heutigen Emissionen zu senken (1 t pro Einwohner).

Die Prämisse ist unzutreffend und die Schlußfolgerungen sind verheerend für die ökonomische, soziale und ökologische Perspektive des Landes. Es gibt viele Stimmen, auch von Wissenschaftlern, die behaupten, „dass es einen extrem einfachen, quasi linearen Zusammenhang gibt zwischen der globalen Mitteltemperatur und der Gesamtmenge von CO2, die in den nächsten Jahrzehnten in die Umwelt geblasen wird.“

Klimaschwankungen hat es aber nachweislich seit tausenden von Jahren ohne Einfluss von CO2 gegeben. (Abb.1)

Kein Zweifel: CO2 hat eine klimaerwärmende Wirkung, ohne Rückkopplungseffekte sind dies etwa 1,1°C bei einer Verdopplung der CO2-Konzentration. Und es besteht auch kein Zweifel, dass CO2 in den letzten 150 Jahren von 0,029 % auf 0,040 % in der Atmosphäre angestiegen ist. Aber in der gleichen Zeit ist die Aktivität des solaren Magnetfeldes in seit tausend Jahren außergewöhnlich starker Weise angestiegen (Abb.2).

Hinzu kommen natürliche Schwankungen der Meeresströmungen, die in einem etwa 60 jährigen Zyklus von einer Kaltphase zur Warmphase wechseln (Abb. 3).

Die Prämisse des Antrages beruht auf numerischen Rechenmodellen, die allerdings seit 15 Jahren fehlerhafte Prognosen anstellen. Die globale Mitteltemperatur ist seit 1998 nicht mehr signifikant angestiegen, sie verharrt auf einem Plateau, obwohl in dieser Zeit 30% des gesamten von Menschen erzeugten CO2-Ausstosses emittiert wurden und die CO2 Konzentration Jahr für Jahr um 2 ppm anstieg (Abb.4).

 

Ursache hierfür ist im Wesentlichen das Abflauen der solaren Aktivität zur Jahhundertwende und der Wechsel der atlantischen und pazifischen Oszillationen in ihre negative Phase, Einflüsse, die umgekehrt von 1977 bis 1998 zu dem deutlichen Temperaturanstieg beigetragen haben. Sollten sich die Rechensimulationen der Klimamodelle weiter als nicht vollständig erweisen – da sie die Natur vergessen haben – wird das 2° Grad- Ziel in diesem Jahrhundert nicht überschritten werden, selbst bei einer Verdopplung des CO2-Gehalts.

 

2. Wettbewerbsfähigkeit, Schutz der heimischen Natur und finanzielle Belastung der Bürger

Es ist geboten, den Energieverbrauch so effizient wie möglich zu gestalten, um endliche Ressourcen zu schonen, die Importabhängigkeit zu verringern und den begrenzten Einfluss des CO2 auf unser Klima einzudämmen.  Dieser Zieltrias dient auch der Ausbau Erneuerbarer Energien. Doch dieser Weg darf die Wettbewerbsfähigkeit des produzierenden Gewerbes, die finanzielle Belastung der Bürger sowie die ökologische Vielfalt der heimischen Natur nicht aufs Spiel setzen. Der Entwurf des Gesetzes erfüllt diese Anforderungen in keiner Weise.

2.1  Wettbewerbsfähigkeit

Die Erfüllung des Ziels einer 90%igen CO2 Reduktion von 12 t  auf 1 t CO2/Kopf  in 2050 (unverbindliches EU Ziel 80%, das wären 2,5 t CO2/Kopf in Sachsen- Anhalt) erodiert die industrielle Basis Sachsen-Anhalts. 20% der Bruttowertschöpfung Sachsen-Anhalts werden vom verarbeitenden Gewerbe generiert, ein Wert um den uns andere Nationen beneiden. 2,5 tCO2/Kopf sind diesem Sektor (ohne Energieerzeugung!) zuzurechnen, private Haushalte kommen auf weitere 2,5 t CO2 /Kopf. Kupfer, Stahl, Zement, chemische Prozesse benötigen Kohlenstoff zur Erzeugung und Weiterverarbeitung.

Ob das Land noch Investoren gewinnt, wenn ihnen durch den Gesetzentwurf mitgeteilt wird, dass „Im Dialog mit den Betroffenen …. entsprechende Beiträge der Sektoren ermittelt werden“ sollen, kann bezweifelt werden. Ob die Energieerzeugung ohne fossile Brennstoffe in Zukunft gesicherte Leistung zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten kann, ist mehr als fraglich. Die Volatilität der Erneuerbaren Energien Wind und Solar benötigen entweder Schattenkraftwerke oder Speicher (Abb.5).

 

Speichertechnologien können diese Aufgabe bis auf Pumpspeicherwerke (etwa 7 Ect/kwh zusätzlich) nur zu unvertretbaren Kosten (20 Ect/kwh- Batterien bis 70 Ect/kwh, Power-to-gas) leisten (Abb.6).

Der im Antrag geforderte Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplung  ist ohne CO2-Emissionen nicht denkbar (heute schon 1 t CO2/Kopf in Sachsen- Anhalt), es sei denn, man setzt auf die ausufernde Nutzung von Biomasse auf landwirtschaftlichen oder heute noch nicht genutzten Brachflächen.

2.2  Schutz der heimischen Natur

Durch den Biogasboom werden mittlerweile 2,7 Millionen Hektar Mais angebaut, das sind nun schon 20% unserer Ackerfläche und jedes Jahr kamen bislang 200 000 Hektar hinzu. Mit der Vermaisung der Landschaft verschwinden Feldhase und Rebhuhn, Feldlerche und Goldammer. Auch für die unzähligen Arten von Wildbienen und die arbeitssame Honigbiene sind monotone Maiswüsten ein Desaster. Das Flächenverhältnis von Brachen zu Maisflächen betrug in den Neunziger Jahren etwa 1:1, heute liegt das Verhältnis bei 1:20. Der Leiter des Biosphärenrerservats Schorfheide, Dr. Martin Flade, spricht von einem „Biodiversivitäts-Desaster“ auf Grund „der hektischen Klima-, Energie- und Agrarpolitik“.  Flade: “Die Bestände der Agrarvögel reagierten dramatisch. Von den 30 häufigsten Arten gibt es gerade 4, die ihr Bestände noch halten können, alle übrigen nehmen spätestens seit 2007 ab“. Der Schreiadler, auch Pommernadler genannt, ist nur noch  mit 108 Brutpaaren in Deutschland vertreten und ist seit dem letzten Jahr in Sachsen-Anhalt ausgestorben. Er findet immer weniger Nahrung im  zurückgehenden Grünland  und der offenen Flur. Die Wege zwischen Brutplätzen und Nahrungsarealen werden immer länger und diese werden nun auch noch zunehmend durch Windkraftanlagen zugestellt.

Nun nimmt auch noch die Windenergie die Fauna der Wälder in die Zange. Vornehmlich Länder mit grünen Ministern (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen) haben durch Winderlasse die Nutzung von Wäldern durch Windkraftanlagen freigegeben. Um alle 500 Meter eine Windkraftanlage im Wald zu platzieren, sind  6 Meter breite befestigte Schneisen in den Wald zu schlagen, um die 100 Tonnen schweren Turbinen transportieren und später warten zu können. Um jede Turbine muss ein 5 ha großes freies Feld geschaffen werden, um den Flügelkranz durch riesige Kräne hochzuhieven.

Schon heute findet man jährlich 200 000 tote Fledermäuse unter den Windkraftanlagen. Die klugen Tiere orten die Rotoren, fliegen durch sie hindurch und im Lee hinter der Anlage, in der der Luftdruck stark abnimmt, platzen den Fledermäusen die Lungen. Besonders betroffen sind der Große Abendsegler, die Breitflügelfledermaus, der kleine Abendsegler oder die Zweifarbfledermaus. Hier wäre schon viel geholfen, wenn in den Monaten, in denen Fledermäuse besonders aktiv sind und einige Arten aus Nordosteuropa auf ihrem Zug in wärmere Gefilde sind, in der Abenddämmerung die Windkraftanlagen abgeschaltet werden.

Das Fledermausweibchen bekommt nur ein bis zwei Junge pro Jahr, so dass der Bestandserhalt dieser nützlichen Insektenfresser durch einen weiteren unkontrollierten Zubau von Windkraftanlagen gefährdet ist.  Und klar ist, dass eine Verdoppelung der Windkraftkapazität, wie von der Bundesregierung geplant, nur unter Einbezug naturnaher Flächen Deutschlands möglich ist.

Folgt man der Bewertung des Deutschen Rats für Vogelschutz DRV und des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten DDA (2012), ist der Rotmilan in besonderer Gefahr. Nach einer Untersuchung der Staatlichen Vogelwarte Brandenburgs ist der Rotmilan-Bestand in diesem Lande mit 3200 Windkraftanlagen nicht mehr gesichert. In Brandenburg allein werden über 300 Rotmilane durch Windkraftanlagen getötet. Die Deutsche Wildtier Stiftung wird im Herbst diesen Jahres gutachterlich belegen, dass die Ausweitung der Windenergie auf den Wald und naturnahe Habitate eine Bedrohung für zahlreiche Tierarten bedeutet. Den Rotmilan, dessen weltweites Hauptverbreitungsgebiet Deutschland ist, im Bestand zu bedrohen, ist durch Nichts zu rechtfertigen.

Die Energiewende fördert die Monokultur nicht nur beim Maisanbau für die Biogaserzeugung. Mit Raps zur Biodiesel- und Weizen zur Bioethanolerzeugung könnten 2020 ein Drittel der Ackerfläche für Biogas, Benzin oder Strom belegt sein.

Ob dies verantwortbar ist, Weizen zu Sprit zu verarbeiten in Anbetracht der Verknappung der Nahrungsmittel weltweit, und sogar Weizen zu importieren,  um die Biospritziele zu erfüllen, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden.

Auch weltweit stellt sich die Frage, ob wir es uns in Anbetracht einer wachsenden Weltbevölkerung  leisten können, ganze Landstriche wie in den USA oder in Brasilien der Nahrungsmittelerzeugung zu entziehen und  Soja, Mais und Zuckerrohr zu verbrennen.

2.3  Finanzielle Belastung der Bürger

Die Belastung der privaten Bürger durch die  EEG Umlage (240 € pro vierköpfigen Haushalt im Jahr)  hat „das Ende der Fahnenstange erreicht“ , so Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Er fügte hinzu „in Europa halten uns alle sowieso für bekloppt“. Prof. Richard Tol, ehemals Hauptautor des IPCC formulierte es so: „Deutschland ist eher eine Witzfigur…Die Energiewende ist ein gewaltiger Fehler.“

 

3. Globale Perspektive

In § 5, Abs. 1 des Gesetzentwurfes werden Zwischenziele zur  Reduzierung der CO2-Emissionen gefordert. Das Land kann keine verbindlichen Zwischenziele festlegen. Genehmigungsrechtliche Auflagen, Stilllegungsverfügungen, Anforderungen an Produkte unterliegen dem Bundesrecht. CO2-Begrenzungen durch den Emissionshandel (Cap-and-trade) wie auch Kfz-Emissionsgrenzwerte werden europarechtlich geregelt.

In § 5 Abs.2 werden Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Energieeinsparung gefordert. Ausbauziele für Erneuerbare Energien legt das Bundesrecht fest, Energieeinsparungsvorgaben sind dem europäischen Recht vorbehalten. In der Begründung zu § 3 wird insbesondere der Ausbau der Windenergie gefordert. Es sollte bekannt sein, dass  der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf Grund des EEG in Deutschland völlig wirkungslos hinsichtlich der CO2-Emissionen in Europa ist. Die CO2 Emissionen in Europa werden allein durch  die Deckelung des Emissionshandels festgelegt. Neue Windkraft- und Solaranlagen setzen Emissionszertifikate frei. Diese Zertifikate wandern über die Börsen zu den Kohlekraftwerken in anderen EU-Ländern, wo sie eine Ausweitung des Ausstoßes ermöglichen, die genauso groß ist wie die deutsche Einsparung (Quelle: Wiss. Beirat beim Bundesminister für Wirtschaft). Außer zusätzlichen Kosten für die Bürger und der Beeinträchtigung der Natur bringt ein Ausbau der Erneuerbaren Energien im Alleingang keine einzige Tonne CO2-Minderung.

Es lohnt sich auch ein Blick auf  die Zunahme des CO2-Ausstoßes anderer Nationen (Abb. 7).

 

China hat pro Kopf Frankreich und England überholt und wird in den nächsten Jahren Deutschland überholen. (Abb.8)

 

Absolut stößt China mittlerweile 29 % der Gesamtemissionen und 70 % des jährlichen Zuwachses an CO2 aus. Die durch den Gesetzentwurf geforderte Senkung der CO2-Emissionen um 29,5 Mill. t  durch Sachsen- Anhalt wird in 13 Tagen in China wettgemacht (Abb.9).

 

4. Schlussbemerkung

Man gewinnt den Eindruck, dass der Klimaschutzplan über alle Lebensbereiche, alle gesetzlichen, legislativen, ökonomischen, sozialen und ökologischen Belange überstülpt werden soll. Alle Maßnahmen in Sachsen-Anhalt dienen nur noch einem Ziel: CO2-Minderung. Jede Industrieansiedlung, jedes Forschungsprojekt, jede private Maßnahme hat sich dem unterzuordnen.

Dies ist nicht erforderlich und völlig unangemessen. Eine globale Minderung des CO2-Ausstoßes ist allein durch ein weltweites Cap-and trade System erreichbar. Ein Vorpreschen der EU, Deutschlands oder gar einzelner Bundesländer führt eher nicht zur Nachahmung, sondern erzeugt einen starken Anreiz, Trittbrett zu fahren und eigene Beiträge zurückzustellen.

 

Hamburg, den 18.8.2014

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